Der Kurznachrichtendienst Twitter hat einen mächtigen neuen Konkurrenten bekommen. Der Facebook-Konzern Meta brachte in der Nacht zu Donnerstag seine App Threads mit ähnlicher Funktionsweise in mehr als 100 Ländern an den Start. EU-Staaten sind nicht darunter und es blieb offen, wie schnell sich das ändern könnte. Der Konzern verweist auf noch offene regulatorische Fragen. Laut Meta-Chef Mark Zuckerberg kamen in den ersten zwei Stunden zwei Millionen Nutzer auf die Plattform.
Threads ist an Metas populäre Foto- und Video-App Instagram angebunden und gilt als potenziell aussichtsreichste Konkurrenz für Twitter. Grund ist ein Startvorteil: Meta kann für seine Twitter-Kopie von Anfang an auf bereits bestehende Verbindungen zwischen mehr als einer Milliarde Nutzern zurückgreifen. Bei anderen Twitter-Konkurrenten wie Bluesky und T2 müssen solche Verknüpfungen erst neu entstehen. In der EU könnte aber die Zusammenlegung von Daten aus verschiedenen Diensten ein Problem sein.
Instagram-Nutzer können für Threads einfach ihr Profil bei der Foto-App übernehmen. Text-Beiträge bei Threads können bis zu 500 Zeichen lang sein und Links, Fotos sowie bis zu fünf Minuten lange Videos enthalten. Twitter war 2006 an den Start gegangen, wobei die ursprüngliche Text-Grenze bei 140 Zeichen lag und später auf 280 Zeichen verdoppelt wurde. Neben den Accounts, denen sie folgen, sollen Nutzer von Threads auch "empfohlene Inhalte" von anderen Profilen in ihren Feed gespielt bekommen, wie es in einem Blogeintrag von Meta hieß. Der Dienst behält sich vor, eine breite Palette von personenbezogenen Daten zu verwenden. Bis zur Threads-Einführung in der EU können Nutzer aus der Region Beiträge zwar in einer Web-Version sehen, sie aber weder teilen noch liken.
Mit Blick auf die EU verwies Instagram-Chef Adam Mosseri darauf, dass es kompliziert sei, "einige Gesetze einzuhalten, die im kommenden Jahr greifen werden". Man habe in Europa keine App auf den Markt bringen wollen, die nicht zukunftssicher sei, sagte er dem Technologieblog "The Verge". Mosseri dürfte den Digital Markets Act meinen, der striktere Regeln für Online-Plattformen festlegt. Unter anderem wird die Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Diensten schwieriger.
Twitter kämpft seit der Übernahme durch den Tech-Milliardär Musk im Oktober 2022 mit Problemen. Unter anderem brachen die Werbeeinnahmen ein, mit denen sich der Kurznachrichtendienst finanziert. Zuletzt führte Musk Beschränkungen dafür ein, wie viele Tweets Nutzer täglich sehen dürfen. Nach seinen Angaben soll damit verhindert werden, dass Twitter-Daten unter anderem zum Training von Software mit Künstlicher Intelligenz abgesaugt werden. Abo-Kunden von Twitter können nurmehr bis zu 10.000 Tweets täglich sehen und Nutzer ohne Abo bis zu 1.000.
44 Milliarden Dollarfür Twitter
Musk kaufte Twitter für rund 44 Milliarden Dollar - und räumte später ein, dass die Bewertung in Gesprächen mit Investoren inzwischen deutlich niedriger sei. Zuckerberg zeigte sich am Donnerstag hoffnungsvoll, dass Threads mit der Zeit mehr als eine Milliarde Nutzer haben werde. Von Twitter gab es seit der Übernahme durch Musk keine Nutzerzahlen mehr, früher kam der Kurznachrichtendienst auf mehr als 300 Millionen Nutzer. Meta hat anders als Twitter in der Ära Musk keine Geldsorgen und kann sich bei Threads einen langen Atem leisten.
Mit der Rivalität zwischen Twitter und Threads sind die Weichen für ein geschäftliches Duell zwischen Musk und Zuckerberg gestellt, die immer mehr als Rivalen auftreten. Im Juni erklärten sich die beiden Tech-Milliardäre sogar zu einem Schaukampf bereit. Nach anfänglichen Zweifeln berichtete die "New York Times" am Wochenende, ein solcher Kampf werde tatsächlich vorbereitet - allerdings sei weiterhin offen, ob er auch wirklich stattfinden werde. Der 39-jährige Zuckerberg trainiert mit Kampfsport-Trainern und ist sichtlich fitter als der 52-jährige Musk.
Der Facebook-Konzern hat wiederholt Dienste und Funktionen von Rivalen kopiert, blickt dabei aber auf eine gemischte Bilanz. Mit dem bei der Foto-App Snap erfundenen Stories-Format, in dem Nutzer ihren Freunden Bilder und Videos für einen Tag zeigen können, funktionierte das hervorragend. Auch die "Reels" genannten Kurzvideos, mit denen Instagram und Facebook die populäre App Tiktok kopieren, legen zu. Dagegen gelang es dem Konzern trotz mehrerer Versuche nie, einen Konkurrenten zu Snapchats selbstlöschenden Videos zu etablieren.
Laut Medienberichten soll Zuckerberg vor mehr als einem Jahrzehnt auch versucht haben, Twitter zu kaufen. Er sei aber von den Gründern abgewiesen worden.