Der Immobilienmarkt erlebte zuletzt eine kräftige Delle: Die Nachfrage nach der klassischen Dreizimmerwohnung sei eingebrochen. "Aber die Nachfrage nach der kleinen Anlegerwohnung oder dem 160 Quadratmeter Penthouse ist ungebrochen", sagte Gerald Gollenz, Obmann der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Der Gesamtmarkt, der seit 2013 gestiegen ist, ging 2022 zurück – heuer setzte sich der Abwärtstrend fort. Daher müsse die Politik gegensteuern.
Durch die Zinserhöhungen der EZB und die aktuellen Vorschriften könnten sich viele potenzielle Käufer das Eigentum nicht mehr leisten, führten Gollenz sowie Hannes Dolzer, Obmann der Finanzdienstleister in der WKÖ, am Donnerstag vor Journalisten aus. Dabei lägen die Vorteile des Eigenheimes auf der Hand: "Während Mieten steigen, bleibt die Kreditrate bei fixen Zinsen konstant und das Einkommen steigt", sagte Gollenz. Die Pensionslücke könne mit Eigenheim leichter geschlossen und das Vermögen an die nächste Generation weitergegeben werden, so Dolzer.
Nachfrage um 11,2 Prozent gesunken
Im Vorjahr ging die Zahl der Immobilienkäufe laut Grundbuch um rund 20.000 auf etwa 140.000 zurück. Heuer sei die Nachfrage um 11,2 Prozent gesunken, bei den Preisen sehe man einen Rückgang um 6,8 Prozent – dabei sei das Angebot am Immobilienmarkt um 7,6 Prozent gestiegen.
Ungünstiger ist laut Gollenz die Situation für neue Eigentumswohnungen: War es zuvor die Coronapandemie, durch die Bauprojekte nur verzögert abgewickelt werden konnten, trieb die Ukraine-Krise anschließend die Preise in die Höhe. "Vom Kauf des Grundstücks bis zum Baubeginn dauert es zwischen 3,5 und 5 Jahre. Wenn ich in Graz etwas bauen will, kostet mich das 6000 Euro pro Quadratmeter – und da habe ich noch nichts verdient", sagte Gollenz.
"2025 derzeit nur 15.000 Wohnungen am Programm"
Werden normalerweise zwischen 90.000 und 100.000 Wohnungen jährlich errichtet, sei heuer mit einem Rückgang zu rechnen. "Und für 2025 stehen derzeit nur 15.000 Wohnungen am Programm", sagte Gollenz. Daher müsse seitens der Politik gegengesteuert werden.
Vor allem bei den Rahmenbedingungen für die Kredite müsse sich einiges ändern, sagte Dollenz. "Wer Anfang 2022 einen Kredit über 300.000 Euro mit 25 Jahren Laufzeit und variablen Zinsen aufgenommen habe, zahlte 1030 Euro monatlich, jetzt sind es 1625 Euro", verdeutlichte Dolzer das Problem vieler Eigenheimbesitzer.
Um Banken vor zu großen Risiken zu schützen, wurde die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-Verordnung) erlassen: Demnach dürfen nur maximal 90 Prozent des Schätzwertes einer Immobilie beliehen werden. Wobei die Rückzahlung maximal 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens ausmachen dürfe. Und die Laufzeit sei mit maximal 35 Jahren begrenzt. Bei 20 Prozent der Kredite dürften die Kriterien großzügiger ausgelegt werden.
"Keine Immobilien-Blase"
"Aber wir haben keine Immobilien-Blase, wie es sie in den USA gegeben hat", merkte Gollenz an. "Bei einem Kaufpreis von 100 Prozent war dort das Haus 70 Prozent wert – und die Bank hat es mit 130 Prozent belehnt. Wie die Zinsen gestiegen sind, konnten die Immobilien-Käufer die Raten nicht mehr bedienen", führte Gollenz den Unterschied zur aktuellen Situation in Österreich an.
Bei der Laufzeit könnte man laut Dolzer durchaus flexibler sein, vor allem bei jüngeren Kreditnehmern. "In Schweden ist es üblich, dass der Hypothekar-Kredit zum Teil von der nächsten Generation getilgt wird", sagte Dolzer.
Aber auch bei der Beschränkung auf 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für die Kreditrate müsse es Änderungen geben, etwa bei hohen Einkommen. Nicht nur bei der KIM-Verordnung bedürfe es Verbesserungen. Politische Maßnahmen wie etwa kürzere Abschreibungsfristen könnten das Eigenheim attraktiver machen.