Nach einer guten Getreideernte 2022 erwarten die Bauern heuer trotz einer langen Trockenphase und einem Flächenrückgang wieder eine überdurchschnittliche Menge. Die Landwirtschaftskammer rechnet in ihrer aktuellen Ernteprognose mit 3,1 Millionen Tonnen Getreide exklusive Mais, ein Plus von 4,5 Prozent gegenüber dem Fünf-Jahres-Schnitt und ein Plus von 2,1 Prozent gegenüber 2022. Finanziell wird sich die Ernte für die Landwirte weniger auszahlen, weil der Weizenpreis stark gesunken ist.
"Da die Verfügbarkeit vieler Betriebsmittel im Herbst bzw. Winter zuvor unsicher war und daher zu extrem hohen Kosten eingekauft werden musste, klafft die Preis-Kosten-Schere massiv auseinander", so Landwirtschaftskammer-Österreich-Chef Josef Moosbrugger am Donnerstag in einer Aussendung. "Die Stimmung der Ackerbäuerinnen und -bauern ist im Keller." Außerdem verschärfe das EuGH-Urteil zu Notfallzulassungen den Mangel an notwendigen Pflanzenschutz-Wirkstoffen.
Langes Warten auf Regen
An der Pariser Warenterminbörse Euronext kostet eine Tonne Weizen aktuell rund 231 Euro. Zu Beginn des Ukraine-Kriegs schoss der Weizenpreis bis auf knapp 440 Euro in die Höhe, sinkt aber seit Mitte 2022 wieder. Anfang Juni führte der Dammbruch in der Ukraine und die damit verbundene Zerstörung von Anbauflächen wieder zu einem gewissen Preisanstieg.
Die heimischen Getreidebauern warteten heuer lange auf Regen. Von Herbst bis Mitte April war es in großen Teilen Österreichs äußerst trocken und überdurchschnittlich warm. "Beginnend mit ausgiebigen Niederschlägen hatten wir ab Mitte April großteils günstige Verhältnisse", sagte der Präsident der Landwirtschaftskammer Burgenland, Nikolaus Berlakovich. Dies sei positiv für Getreide in Ostösterreich gewesen. Bei sogenannten Herbstkulturen wie Zuckerrüben und Kürbis, die im Frühjahr angebaut und im Herbst geernteten werden, seien aufgrund "von problematische Anbau- und Auflaufbedingungen" geringere Erntemengen absehbar, so Berlakovich.
Getreideanbaufläche sinkt leicht
Die Getreideanbaufläche beträgt heuer 520.00 Hektar, ein Minus von 2 Prozent gegenüber 2022 und ein Minus von 3,7 Prozent gegenüber dem fünfjährigen Schnitt. Weniger angebaut haben die Bauern vor allem Dinkel, Sommergerste und Ölkürbis. Auch die Soja-Anbaufläche wurde nach einem Rekordhoch im letzten Jahr um 6800 Hektar auf 86.100 Hektar reduziert.
In der heute präsentierten Ernteprognose für 2023 werden folgende Mengenveränderungen im Vergleich zum Fünf-Jahres-Durchschnitt erwartet: Weichweizen inklusive Dinkel (+5,3 Prozent), Hartweizen (+37,7 Prozent), Roggen (+9,9 Prozent), Wintergerste (+1,7 Prozent), Sommergerste (-13,9 Prozent), Hafer (-5,2 Prozent) und Triticale (+5,9 Prozent). Neben den Getreidekulturen wird bei Raps ein Mengenminus gegenüber dem fünfjährigen Schnitt von 14,6 Prozent und bei Körnererbse ein Plus von 44,4 Prozent erwartet.