Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig sowohl mit Euromünzen und -scheinen als auch mit einem digitalen Euro bezahlen können. So soll eine "weithin akzeptierte, kostengünstige, sichere und widerstandsfähige" digitale Version der Gemeinschaftswährung ebenso als Zahlungsmittel gelten wie Bargeld, wie aus einem am Mittwoch vorgestellten Gesetzesvorschlag der Brüsseler Behörde hervorgeht.
Mit dem Vorschlag wird der Rechtsrahmen für den digitalen Euro geschaffen – ob und wann er ausgegeben wird, entscheidet die Europäische Zentralbank (EZB). Der digitale Euro soll nach dem Willen der Kommission wie eine digitale Geldbörse funktionieren. Bürger und Unternehmen sollen ihn kostenfrei sowohl für Online- als auch für Offline-Zahlungen nutzen können – also auch wenn keine Internetverbindung besteht, wie etwa in entlegenen Gebieten oder Tiefgaragen. Auch der Datenschutz soll gewährleistet sein. Grundsätzlich wären Händler im gesamten Euro-Währungsgebiet verpflichtet, den digitalen Euro anzunehmen.
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Ergänzung zu Bargeld
Seit Jahren tüftelt die EZB am digitalen Euro als Ergänzung zu Bargeld. Am Mittwoch bekräftigte die Notenbank, sie werde ihre Untersuchungsphase zum digitalen Euro im Oktober 2023 abschließen: "Der EZB-Rat wird dann entscheiden, ob die nächste Phase des Projekts eingeleitet werden soll."
EZB-Präsidentin Christine Lagarde ließ mitteilen: "Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit anderen EU-Institutionen weiter an einem digitalen Euro zu arbeiten, um sicherzustellen, dass unsere Währung für das digitale Zeitalter geeignet ist." Nach bisherigen Angaben der EZB könnte ein digitaler Euro frühestens 2026 kommen.
Zahlungsmethode frei wählen
Mit einem weiteren am Mittwoch präsentierten Gesetzesvorschlag will die EU-Kommission sicherstellen, dass Bargeld weiterhin breit akzeptiert wird. Im Euroraum solle jeder seine Zahlungsmethode frei wählen können und Zugang zu grundlegenden Bargelddiensten haben, hieß es. So werde die finanzielle Inklusion schutzbedürftiger Gruppen – wie etwa älterer Menschen – gewährleistet. Die Gesetzesvorschläge müssen nun noch von den EU-Ländern und dem Europaparlament verhandelt werden.
Kickl fordert Volksbefragung
FPÖ-Chef Herbert Kickl fordert eine Volksbefragung über den Schutz des Bargeldes in der Verfassung und des Rechts auf Cash-Zahlung. Er sieht das Zahlungsmittel vor allem durch die EU-Politik bedroht. Der türkis-grünen Regierung fehle Mut und Wille, "sich klar gegen die schrittweise Abschaffung des Bargelds durch die EU zur Wehr zu setzen", so Kickl zur APA. Es gebe "überhaupt keine Diskussion", dass Bargeld abgeschafft werde, sagt hingegen Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).
"Unter dem Vorwand der Korruptions- und Terrorismusbekämpfung sind Obergrenzen für Bargeldzahlungen geplant, bis unsere Geldscheine und Münzen endgültig vom digitalen Euro ersetzt werden", fürchtet der FPÖ-Chef. Als einzige Partei warne man daher schon seit Jahren vor der "schleichenden Abschaffung" des Zahlungsmittels. "Bargeld ist gedruckte Freiheit, Selbstbestimmung und Sicherheit. Der einzige Schutz dieser Freiheit und Sicherheit ist die Verankerung unseres Bargeldes und des Rechts auf Bargeldzahlung in der Verfassung – eine 'Festung Bargeld'."
"Salamitaktik auf EU-Ebene"
Kickl ortet auf europäischer Ebene eine "Salamitaktik": "Zuerst wurde der 500-Euro-Schein abgeschafft, jetzt will die EU-Kommission eine Obergrenze von 10.000 Euro bei Bargeldzahlungen" und am Ende solle das Bargeld durch den digitalen Euro ganz ersetzt werden. Ziel sei der "gläserne Bürger, unfrei und überwachbar".
"Bargeld wird erhalten bleiben"
"Das Bargeld muss erhalten werden und wird auch erhalten", betonte Finanzminister Brunner nach dem Ministerrat. "Es gibt überhaupt keine Diskussion, dass es abgeschafft wird – weder in Europa noch in Österreich." Cash "muss bleiben und wird bleiben". Ob das Bargeld in die Verfassung müsse, das sollten sich Verfassungsexperten anschauen.
Zum angekündigten digitalen Euro will Brunner den Entwurf der EU-Kommission abwarten und analysieren. "Die Sensibilität des Projekts darf nicht übersehen werden", so der ÖVP-Politiker. Er verwies darauf, dass es einen "ersichtlichen Mehrwert" für den Bürger brauche, "sonst macht das keinen Sinn". "Es muss auch sichergestellt werden, dass es sich, wenn, dann nur um eine Ergänzung des Bargelds als Zahlungsmittel handelt und dass Bargeld als Zahlungsmittel unangetastet bleibt." Auch die Privatsphäre der Bürger müsse geschützt werden. "Diese Punkte bringe ich beim Ecofin (EU-Finanzministerrat, Anm.) immer ein", sagte Brunner.
Warnung vor Verletzungen der Privatsphäre
Die Neos warnten in einer Reaktion vor möglichen Verletzungen der Privatsphäre. "Es muss sichergestellt sein, dass es sich um eine dezentrale Technologie handelt und für die EZB nicht nachvollziehbar sein darf, wer wo seine digitalen Euros ausgibt", so Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. "China setzt seine digitale Währung zur Kontrolle der Zahlungen seiner Bürgerinnen und Bürger ein. Ein solches Modell wäre fatal und muss jedenfalls ausgeschlossen sein."
Wahlfreiheit beim Zahlungsmittel muss bleiben
Die österreichischen Banken würden Bemühungen, das Bezahlen weiterzuentwickeln, zwar unterstützen, "der Kundennutzen, die Sicherheit sowie der besonders sensible Bereich des Schutzes der Privatsphäre" seien dabei aber zentrale Anforderungen an das Projekt "Digitaler Euro", sagte Willi Cernko, Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), am Mittwoch laut einer Aussendung. Die Auswirkungen auf das Geld- und Wirtschaftssystem müssten eingehend geprüft und die Grundlage für einen öffentlichen Diskurs geschaffen werden. Die Wahlfreiheit beim Zahlungsmittel müsse aufrechtbleiben.