Das Anfang der 1980er-Jahre gegründete Opel-Werk in Wien-Aspern schließt bald endgültig. Betreiber Stellantis sieht für das ehemalige General-Motors-Werk, in dem derzeit noch rund 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit der Getriebefertigung beschäftigt sind, keine Zukunft. Für die Beschäftigten soll in den kommenden Wochen ein umfassender Sozialplan ausgearbeitet werden, gab Stellantis am Mittwoch bekannt.
"Es gibt noch keinen Termin für ein Produktionsende, jetzt beginnen die Gespräche mit den Betriebsräten", hieß es aus dem Unternehmen zur APA. Der Prozess werde mehrere Monate dauern. Für die Beschäftigten werde ein Jobcenter eingerichtet, das Hilfe bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes, einschließlich Optionen innerhalb des Konzerns, bieten soll. Stellantis hat abgesehen von dem Werk in Wien-Aspern keine anderen Produktionsstandorte in Österreich. Im Vertrieb sind hierzulande rund 250 bis 300 Personen beschäftigt.
Gravierender Wandel
Im Zusammenhang mit dem gravierenden Wandel in der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität seien die Voraussetzungen für eine nachhaltige Zukunft des Werks Aspern nicht gegeben, so Stellantis laut einer Mitteilung. In Aspern werden derzeit noch Sechsgangschaltgetriebe für Verbrennungsmotoren hergestellt. Stellantis will die Getriebeproduktion auf Valenciennes (Frankreich) fokussieren.
Was mit dem österreichischen Werk nach seinem Ende passiert, ist noch nicht klar. Grundstückseigentümer ist die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Das Betriebsgebiet umfasst rund 600.000 Quadratmeter.
40 Jahre Motorenproduktion
Im Opel-Werk in Wien-Aspern, der Standort wurde 1963 gegründet, war im Oktober 2020 ein Stück österreichischer Automobilgeschichte zu Ende gegangen. Nach 40 Jahren kam das Aus für die Motorenproduktion für den US-Konzern GM. Von der Stilllegung waren 270 Mitarbeiter betroffen. Anfang 2019 zählte das Werk noch 1900 Beschäftigte, der Höchststand aus dem Jahr 1983 lag bei rund 2200.
Der Standort Aspern sei weiterhin ein wichtiges Standbein für die PSA-Gruppe, sagte ein Sprecher 2020 zur Austria Presse Agentur.
An der Produktion des Sechsganggetriebes, die im September 2019 begonnen habe, werde nicht gerüttelt. "Dieses Getriebe ist sehr wichtig und wird in vielen verschiedenen Fahrzeugen der Groupe PSA verbaut", hieß es damals.
Stadt Wien stellt Arbeitsstiftung in Aussicht
Wiens Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) sprach in einer Reaktion von einer "traurigen Entscheidung". Man habe in Zusammenarbeit mit dem Bund alles getan, um das Werk zu halten. "Dass sich letztendlich die Konzernstrategie durchgesetzt hat und nicht die Qualität des Standortes, müssen wir zur Kenntnis nehmen", befand der Stadtrat.
Es gebe nun Gespräche mit Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP), um den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Seite zu stehen. Seitens der Stadt Wien gebe es zur Unterstützung auch bereits eine gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen Wiener Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmer Förderungsfonds (waff), Betriebsrat und Unternehmen.
Im waff wurde laut Hanke schon im Herbst 2018 eine Arbeitsstiftung eingerichtet. Schon damals hätten sich das Management und der Betriebsrat angesichts einer großen Personalabbauwelle auf die Einrichtung und Finanzierung einer solchen verständigt. Das sei auch dieses Mal wieder notwendig, so Hanke. Die Stiftung bietet dem Stadtrat zufolge eine Aus- und Weiterbildung für einen beruflichen Neustart.
Zudem werden auch die Wiener Stadtwerke gezielt auf die Betroffenen zugehen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stellantis-Werks seien "top-ausgebildete Fachkräfte", die etwa bei den Wiener Linien spannende neue berufliche Aufgaben finden könnten, zeigte sich Hanke überzeugt.
"Schwerer Schlag für den Wirtschaftsstandort"
Der Wiener FPÖ-Obmann Stadtrat Dominik Nepp vermutet hinter der Schließung das "kommende Verbot des Verbrennungsmotors", die "katastrophale Standortpolitik der rot-pinken Stadtregierung" und die "Teuerungswelle von SPÖ-Bürgermeister Ludwig".
Manfred Juraczka, Finanzsprecher der Wiener Volkspartei, sprach heute von einem "schweren Schlag für den Wirtschaftsstandort in Wien". Den betroffenen Mitarbeitern müsse seitens der Stadt jedenfalls umfassend zur Seite gestanden werden. Verwundert zeigt sich Juraczka, dass trotz der im Jahr 2018 mit einer Million Euro dotierten Einzelförderung für das Unternehmen der Standort letztendlich nicht gehalten werden konnte.
Laut Plänen der EU dürfen ab 2035 keine Autos mit Verbrennermotor mehr zugelassen werden, noch offen ist, ob es Ausnahmen für den Betrieb mit eFuels gibt. Rund jeder fünfte in Österreich neu zugelassene Pkw verfügt mittlerweile über einen reinen Elektroantrieb.