In der Tourismusschule mit 15 zu sagen, ich will Chefin der Österreich-Werbung werden, wie gibt's das? Und wie fühlt sich das jetzt, viele Jahre später, an?
ASTRID STEHARNIG-STAUDINGER: Als wenn ein Traum in Erfüllung gegangen wäre. Es fühlt sich an, als hätte ich tatsächlich ewig darauf hingearbeitet. Auch weil ich überall in den Gesprächen merke, was für tiefe Branchenkenntnisse ich habe, wie viel ich kenne, dass ich überall hineingeschnuppert habe, von Hotellerie bis Destinationsmarketing. Auch mein eigenes Unternehmen aufgebaut zu haben, hilft mir sehr. Ich denke, ich kenne das österreichische Tourismus-System gut.

Mit Ihrem eigenen Unternehmen haben Sie extrem kreative und wirklich lustige Sachen gemacht. Wie leid hat Ihnen der Ausstieg getan?
Es war ein wunderschöner Abschied, dann bin ich komischerweise rausgegangen, habe Auf Wiedersehen gesagt, bin bei der Österreich-Werbung rein und bin hier. Es dürfte der richtige Zeitpunkt gewesen sein.

Der erste große Bundesländerbesuch der Österreich-Werbung hat die gebürtige Kärntnerin gleich in die Heimat geführt. Ein bisschen die Wurzeln spüren?
Tatsächlich habe ich gleich einmal die Kärntner Tourismusschule besucht, auch meine Professoren, die bald in Pension gehen. Es war so emotional, ich bin in meiner alten Klasse gesessen und hab mich gefreut, dass ich jetzt was bewegen darf.

Haben die Professoren Schulter geklopft oder sogar gesagt, das haben wir immer schon geahnt?
Ach, es waren alle nur glücklich. Und jeder Lehrer ist froh, weil es ja auch immer weniger Tourismusschüler gibt. Man kann so auch Schülern eine Vision geben, wie Wege sein können. Es ist wunderschön, im Tourismus zu arbeiten, so vielfältig.

Was wollen Sie bewegen, wie bekommt die Vision Strahlkraft?
Ich bin ein echter Österreich-Fan, habe in jedem Bundesland meine Pflänzchen gesät – dieses wunderschöne Land weltweit vermarkten zu können, ist die tollste Aufgabe. Das sehr frei und kreativ tun zu können, weil jeder der 27 Märkte, die wir international betreuen, anders tickt, ist extrem spannend. Mit diesen 27 Märkten hat die Österreich-Werbung viele Asse im Ärmel. Mein Ziel ist, in die Kommunikation Unkonventionelles hineinzubringen, ich will außergewöhnliche Leuchttürme bauen, die visionär sind, über die man spricht.

Zu denen Sie nichts verraten?
Es wird außergewöhnlich sein, keine klassische Kampagne – von denen wir viele sehr gute haben, wie Kulinarik, Bewegung & Erholung oder Stadt & Kultur –, man darf gespannt sein.

Österreich hat einen ehrgeizigen Tourismusplan, geschnürt von Staatssekretärin Kraus-Winkler. Die hat Ihnen Rosen gestreut, vor allem, weil Sie eine Verfechterin von Kooperationen sind, auf die der Plan stark abstellt. Was soll aus Ihrer Sicht passieren?
Es gibt im Tourismus eine Fülle sehr unterschiedlicher Interessen. Die gilt es auszubalancieren, auf der Bühne für den gemeinsamen Auftritt sollten wir strategisch in dieselbe Richtung blicken. Das wird in Zukunft wichtiger sein als jemals zuvor.

Inwiefern?
Der Plan sieht vor, dass wir das weltweit nachhaltigste Land im Tourismus werden, das braucht Anstrengung. Die Landesorganisationen und die ÖW haben sich dafür bereits klare Ziele gesetzt. Wir liegen in Rankings jetzt schon sehr gut. Mein Eindruck ist, dass in den Regionen bereits viel getan wird. Wir sind alle gefordert, dieses Thema zu integrieren. Wir haben kürzlich gemeinsam mit Ministerium und Kammer Empfehlungen für Zertifizierungen gelauncht, das wird gerade ausgerollt. Nachhaltigkeit ist ein wesentliches Ziel, zudem wird das Thema Kulinarik eine sehr große Rolle spielen.

Und was könnte man sich unter Kooperationen vorstellen?
Im Bereich Energieeffizienz gibt es dafür Beispiele, ein ganz großer Bereich ist aber das Zusammenspiel im Bereich Besucherstromlenkung. Da geht es auf der einen Seite um die Tourismus-Akzeptanz in der Bevölkerung, die sehr wichtig im Sinne einer Willkommenskultur ist. Konkret werden wir den "Tourism Data Space" umsetzen, wo Daten – nie personenbezogene – branchenweit ausgetauscht werden. Wir wollen mit Partnern skalierbare Projekte für ganz Österreich für die gute Lenkung von Gästen schaffen. Das hat noch niemand in Europa und verschafft uns einen großen Wettbewerbsvorteil.

Lassen sich Touristen Hallstatt, die Wachau, Wien oder die Salzburger Getreidegasse ausreden?
Es soll nicht nur um Tageszeiten, sondern überhaupt um Saisonen gehen – und Alternativangebote. Umgekehrt wollen wir mithilfe Künstlicher Intelligenz vom Gast lernen. Sie können bei uns auf der Website Fragen eingeben, bekommen Vorschläge – und wir wissen besser, wie die Gäste ticken. Da soll die Reise hingehen, dass wir für die Branche Innovationstreiber sind. KI wird sehr unterstützend sein. Schauen Sie sich den kürzlich online gegangenen, nur mit KI hergestellten Clip über den Wörthersee an. Er sieht toll aus.

Wie sehr will man um Flugreisende werben, wenn uns überall die Gletscher wegrinnen?
Die Fluganreisen liegen unter zehn Prozent, die meisten kommen per Auto. Es gibt viele Initiativen, Bahnanreisen bequem zu machen. Die Luftfahrtindustrie tut auch schon viel, um nachhaltiger zu werden.

Astrid Steharnig-Staudinger im Gespräch mit Claudia Haase
Astrid Steharnig-Staudinger im Gespräch mit Claudia Haase © (c) Christoph Kleinsasser (Christoph Kleinsasser)