Schon vor hundert Jahren sicherten Versandhändler zu, die bestellte Ware bei Nichtgefallen "bereitwillig" zurückzunehmen. Eine vertrauensstiftende Maßnahme: So konnte man Kunden gewinnen, die sonst nicht bestellt hätten.
Die Kunden haben sich an die kostenlosen Retouren längst gewöhnt. Aktuell werden laut Studien, über alle Produktkategorien gerechnet, zwölf bis 13 Prozent aller Waren zurückgeschickt. Immer wieder heißt es, die Gratisretouren seien "angezählt".
Die besten Kunden schicken am meisten zurück
Können Rücksendegebühren das Einkaufsverhalten verändern? Das Marketinginstitut der Linzer Kepler-Universität ist der Frage nachgegangen. Fazit der Studie: Online-Shopper würden auf Rücksendegebühren mit geringeren Bestellungen reagieren und in einer ersten Schockwelle sogar zehn Prozent weniger ausgeben. Über ein Jahr gerechnet, würde sich eine Minussumme von 900 Millionen Euro ergeben, die die Kunden in Österreich weniger online ausgeben. Das Dilemma der Händler: Die besten, kaufkräftigsten Kunden schicken auch am meisten zurück.
Konkret sind 68 Prozent der Online-Shopper nicht bereit, Rücksendegebühren zu bezahlen. Daher verwundert es nicht, dass, wenn nur ein einziger Online-Shop Rücksendegebühren einführen würde, 73 Prozent sofort den Internethändler wechseln würden.
Besonders hoch fällt die Retourenquote bei Mode aus. 54 Prozent der Kundinnen und Kunden, die in den letzten zwölf Monaten
Bekleidung bzw. Schuhe online bestellt haben, haben zumindest einen Teil der bestellten Produkte wieder zurückgesendet. Bei Sportartikeln fällt die Retourenquote mit 26 Prozent nicht einmal halb so hoch aus. An dritter Stelle liegen DVDs, CDs und Schallplatten mit 23 Prozent. Online bestellte Möbel senden 21 Prozent der Online-Shopper wieder zurück. Bei Elektrogeräten sind es 18 Prozent. Kaum retourniert werden Bücher.
Kämen verpflichtende oder gar gesetzlich verordnete Rücksendegebühren für alle Online-Shops, würden Kunden laut den Studienautoren aus Linz Ausweichstrategien erfinden. Die wären:
Browsing: 56 Prozent der Online-Shopper würden bei Einführung von Rücksendegebühren mehr Zeit für die Online-Suche nach dem passenden Produkt aufwenden.
Webrooming: 53 Prozent würden sich verstärkt im Internet informieren, dann aber in Ladengeschäften kaufen.
Showrooming: 37 Prozent würden den umgekehrten Weg gehen, also Produkte zuerst im Ladengeschäft ansehen und dann, wenn das Produkt im Geschäft ausgewählt wurde, online bestellen.
Click and Collect: 49 Prozent würden zwar online bestellen, die bestellten Waren dann aber im Geschäft abholen – und gegebenenfalls beim Abholen gleich wieder umtauschen.
Achtgeben: 63 Prozent der Online-Shopper würden bei ihren Bestellungen genauer darauf achten, das Richtige zu bestellen, um nichts retournieren zu müssen.
Auswahl: 53 Prozent würden dann nicht mehr zwei oder mehrere Größen, Farben, Modelle oder Marken des gleichen Produkts bestellen, um dann eines auswählen zu können.
Der Online-Boom ist dürfte laut mehreren Studien seinen Zenit erreicht haben. Die Online-Ausgaben der Österreicher sind 2022 im Vergleich zum Vorjahr um drei Prozent bzw. 300 Millionen Euro zurückgegangen, auf in Summe 8,6 Milliarden Euro.