So eine Post findet man gerne vor. BMW ließ niedergelassenen Ärzten zuletzt folgende Broschüre zukommen (siehe Faksimile): "Sehr geehrte(r) Frau/Herr Dr. . . . Wir haben ein Angebot für Sie: eine wahre Adrenalinspritze. Wenn Sie innerhalb eines Jahres ein Fahrzeug von Mini und/oder BMW kaufen oder leasen, erhalten Sie 24 Prozent Preisnachlass bei Verbrennern und 9 Prozent bei Vollelektrischen."
Auch Mercedes überraschte Ärzteschaft, Rechtsanwälte und Kleingewerbekunden mit Angeboten, die für einen EQA 250 rund 14 Prozent Preisnachlass in Aussicht stellten. "Bei Pappas erhalten Sie als MedizinerIn exklusive Sonderkonditionen beim Kauf eines Mercedes-Benz . . .", hieß es in dem Schreiben (Faksimile). Mercedes Österreich betont in einer ersten Reaktion auf unsere Anfrage, dass die neuesten Rabatte unter zehn Prozent lägen.
Bürgermeister- und Blaulicht-Rabatt?
Freilich ist alles weit von den BMW-Angeboten entfernt, die für Ärzte mit Blaulicht oder Bürgermeister kolportiert wurden – diese lagen angeblich bei 30 Prozent. BMW kommentiert dieses höchste Rabattangebot auf Anfrage so: "Die BMW Group – wie auch viele andere Hersteller – bietet für bestimmte Sonderzielgruppen spezielle Angebote – unter anderen auch für Bürgermeister und niedergelassene Ärzte mit Blaulichtbescheinigung."
In der Branche geben andere Hersteller zu: Bis zu 20, 25 Prozent gewährte man diesen Kundengruppen, wenn es zu Verhandlungen kommt – man wolle nicht „in Schönheit gegen die Konkurrenz BMW sterben“, heißt es.
Markt in Bewegung
Normalkunden kommen oft nicht einmal in die Nähe solcher Rabatte.
Nach zwei Jahren Null-Rabatt-Politik – hohe Nachfrage, wenig verfügbare Autos – kommt der Markt aber in Bewegung. Einerseits für spezifische Kundengruppen. Andererseits sind Aktionen jeglicher Art jetzt das Gebot der Stunde.
Denn die Hersteller haben sich mit der Preispolitik der letzten zwei Jahre selbst überholt. Mit massiven Preissteigerungen, oft jenseits der Zehn-Prozent-Marke. Und nicht alles war vollständig mit Inflation und Teuerungswellen zu erklären.
Zulassungsstatistik täuscht
Die Kauflust sank, die aktuelle Zulassungsstatistik täuscht: Die guten Zahlen stammen von den aktuellen Auslieferungen nach Wartezeiten von bis zu einem Jahr. Die aktuellen Kaufzahlen sind im Keller, außer die Hersteller helfen nach. Vor allem am Elektro-Sektor.
Tesla brachte den Elektro-Markt zuerst in Bewegung, zwischen Juni 2022 und Februar 2023 wurde ein Tesla Model 3/RWD/von 57.390 Euro auf 44.990 Euro reduziert. So weit geht die Brache freilich nicht, auch von den 24 Prozent von BMW für Ärzte ist man weit entfernt.
E-Autos vergünstigt
Aber Bonus-Aktionen für den VW ID3, Sondermodelle wie der Audi Q4 Business oder eine preisliche Repositionierung von Škoda Enyaq sind im Laufen. Ford hat den Mustang-Preis eingebremst, und selbst der Dacia Spring, das günstigste E-Auto am Markt, unterschreitet wieder die 15.000-Euro-Marke (13.900 Euro – mit allen Vergünstigungen).
Hersteller arbeiten außerdem an speziellen Online-only-Angeboten unterm Händlerpreis.
Dominoeffekt ausgelöst
200.000 Autos wurden in den letzten Jahren in Österreich weniger verkauft. Trotzdem reichte es aufgrund der Null-Rabatt-Politik zu sensationellen Margen und Gewinnen. Aber das war nur eine Momentaufnahme. Die Autohersteller müssen mit Aktionen und Rabatten reagieren, weil die Volumina zurückgehen und damit einen Dominoeffekt auslösen. Weniger Reparaturen, ein schwindendes Aftersalesgeschäft und Fabriken, die unter der fehlenden Auslastung ächzen.
Die Rechnung mit Milliardengewinnen, obwohl man weniger Autos verkauft, geht nicht mehr auf.
Didi Hubmann