Im Rahmen des vierten Gewerkschaftstages der Produktionsgewerkschaft PRO-GE präsentierte der neue Bundesvorsitzende Reinhold Binder seine Ziele und Vorstellungen. Binder wurde mit 97,85 Prozent der Delegiertenstimmen zum Vorsitzenden gewählt. Er löst Rainer Wimmer ab, der nach 14 Jahren an der Spitze der Gewerkschaft nicht mehr für diese Position kandidierte. Für Binder gehe es – so der Auftakt seiner Rede vor der Wahl – darum, "Schluss mit dem Raubrittertum" zu machen.
"Wenn die Rechnungen für Strom und Wärme gleich hoch sind wie die Miete, dann stimmt was nicht. Das leuchtet allen ein, nur nicht der Bundesregierung, die im Kampf gegen die Inflation versagt", sagte Binder.
"Das ist Abzocke"
"Das Wasser für die Turbinen der Kraftwerke ist günstig wie eh und je. Dennoch haben sich die Strompreise vervielfacht. Das ist Abzocke und man muss in den Markt eingreifen. Der günstige Strom aus Wasserkraft muss unseren Haushalten und Betrieben zur Verfügung stehen", forderte Binder und er trete daher auch für ein Exportverbot der österreichischen Wasserkraft ein.
Aber auch: "Wir bezahlen mit unseren Steuern die Forschungsförderung", von der Unternehmer bzw. Reiche profitieren würden. Seine Forderung: "Mit jeder Förderung müssen Arbeitskräfte geschaffen werden", fordert der zum Bundesvorsitzenden nominierte Binder. Mit Slogans wie "Wir erwirtschaften die Gewinne der Unternehmen. Daher fordern wir auch gerechte Löhne" erhielt er kräftigen Applaus der rund 1200 Teilnehmer des Gewerkschaftstages.
2000 Euro Mindestlohn gefordert
Vor allem angesichts der steigenden Preise sei eine entsprechende Entlohnung dringend nötig. Daher sprach sich Binder wie am Vortag sein Vorgänger Wimmer für 2000 Euro Mindestlohn aus. Bei einem Drittel der Arbeiter sei dies bereits gelungen, bei einem weiteren Drittel sei man knapp dran. Bis zum nächsten Gewerkschaftstag sollte dieser Punkt erfüllt sein, wie Binder in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" am Donnerstag erklärte. Zur Insolvenz der Möbelhaus-Kette Kika/Leiner sagte Binder in seiner Rede vor der Wahl des Bundesvorsitzenden: "Es ist verachtenswert, wie Profit zulasten der Mitarbeiter gemacht werde." Aber auch in anderen Bereichen gebe es viel zu tun, wie er später anmerkte. So könne es nicht angehen, dass etwa Erntehelfer menschenunwürdig in Container untergebracht werden dürfen.
Beim Thema Arbeitszeit gebe es Gesprächsbedarf, aber hier bestehe auch Handlungsspielraum, wie Binder im Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" sowie in seiner Rede erklärte.
"Inakzeptable Zustände für die Versicherten"
Handlungsbedarf bestehe jedenfalls beim Gesundheitssystem, kritisierte Binder. "Die Krankenkasse wurde den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von der damaligen türkis-blauen Regierung gestohlen. Die versprochene Patientenmilliarde kam nie und es herrschen inakzeptable Zustände für die Versicherten", sagte Binder. Mit der privaten Krankenversicherung, jener für Beamte und der bei der ÖGK-Versicherten bestünden drei Systeme. Jeder habe aber das Recht auf das höchste Niveau der Behandlung. Daher trete er auch für die Abschaffung des Wahlarztsystems ein.
Zum Schluss seiner Rede forderte er die Delegierten auf, sich in den Betrieben weiter für die Ziele der Gewerkschaft einzusetzen und damit die Position der Arbeitnehmervertretung zu stärken. Auch wenn es Druck vom Chef, vom Management oder Schikanen gebe. Für seine Schlussansage "Wir sind eine Kampfgemeinschaft. Zieht euch warm an, wir kommen" erntete Binder stehenden Applaus.