Die Fortführung des Betriebs der angeschlagenen Möbelkette Kika/Leiner ist vorerst gesichert. Wie der Insolvenzverwalter am Mittwoch in einer Aussendung mitteilte, wurde vom Gläubigerausschuss ein Fortführungskonzept mit entsprechendem Liquiditätsplan angenommen. Vorgesehen sei, dass sämtliche bestehende Aufträge erfüllt werden, wobei offene Anzahlungen angerechnet werden sollen. Auch Gutscheine von Kundinnen und Kunden werden ihre Gültigkeit behalten.
Kunden von Kika/Leiner brauchen ihre Forderungen aus noch nicht eingelösten Gutscheinen damit nicht bei Gericht anmelden. Für Lieferanten, die bereits eine Anzahlung geleistet haben, gilt dasselbe. Die Gültigkeit der Gutscheine in den Filialen sowie die bestehenden Aufträge würden durch einen Kapitalzuschuss des Eigentümers garantiert, hieß es in der Mitteilung. In den von Schließungen betroffenen Filialen soll zudem ein Abverkauf stattfinden. Über Details dazu wolle man noch gesondert informieren.
Der weitere Fahrplan im Insolvenzverfahren
Im Gläubigerausschuss werden die Interessen der größten Gläubiger gebündelt, wie die Insolvenzexpertin des Alpenländischen Kreditorenverbands (AKV), Cornelia Wesenauer, sowie der Insolvenzleiter des KSV1870, Karl-Heinz Götze, im Gespräch mit der APA erklärten. Die Willensbildung erfolge hier nicht im Sinne einzelner Gläubigergruppen, sondern der gesamten Gläubigerschaft. Über den konkreten Sanierungsplan wird dann in der Gläubigerversammlung abgestimmt, deren erste Sitzung für den 21. August anberaumt ist. Die Abstimmung soll am 25. September stattfinden. Den Kika/Leiner-Gläubigern wird eine Quote von 20 Prozent, zahlbar innerhalb von zwei Jahren, angeboten. Gläubiger können ihre Forderungen bei Gericht bis zum 8. August anmelden.
Neue Berichte wirbeln Staub auf
Hinsichtlich der Vorgänge um die Übernahme von Kika und Leiner durch Signa im Jahr 2018 wirbelt indes ein "Falter"-Bericht neuen Staub auf. Wie die Zeitung unter Berufung auf Unterlagen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) berichtet, soll der damalige Sektionsleiter im Finanzministerium und heutige Chef der Finanzmarktaufsicht (FMA), Eduard Müller, im Zuge der Übernahme zugunsten des Tiroler Investors René Benko in einer anderen Steuerangelegenheit interveniert haben. Laut "Falter" wird Müller durch die Aussage eines hochrangigen Finanzamtsmitarbeiters belastet. Zu einem möglichen Ermittlungsverfahren gegen Müller wollte sich die WKStA gegenüber der APA nicht äußern.
"Es braucht eine unabhängige Kommission"
Mit Kritik am Finanzministerium reagierte umgehend die GPA-Vorsitzende Barbara Teiber. "Alleine der Anschein unrechtmäßiger Steuergeschenke kompromittiert das Finanzministerium. Eine Prüfung der Vorgänge ist dort nicht mehr gut aufgehoben. Es braucht eine unabhängige Kommission, die die Vorgänge rund um Benkos/Signas Eigentümerschaft an kika/Leiner untersucht", wurde sie in einer Aussendung zitiert.
Schlagabtausch im Nationalrat
Die Schieflage bei Kika/Leiner hat am Mittwoch den Nationalrat erreicht. Die SPÖ forderte in einem "Dringlichen Antrag" eine Jobgarantie für die Beschäftigten, die Rückforderung von Steuerrückständen sowie die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber allen Benko zuzurechnenden Unternehmen. Vizeklubobfrau Julia Herr attackierte die ÖVP wegen angeblicher Interventionen für Benko. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) will sich für die Mitarbeiter einsetzen.
Denn für Benko sei der Kika/Leiner-Deal ein lukratives Geschäft gewesen. Dass dieser nur Interesse an den Immobilien, nicht aber am Möbel-Geschäft gehabt habe, sei immer absehbar gewesen, meinte Herr. Besonders entrüstete sie, dass Benko laut dem "Falter"-Bericht möglicherweise einen Steuerdeal durch das Finanzministerium bekommen habe. In Richtung ÖVP meinte die SP-Abgeordnete: "Für ihre befreundeten Millionäre haben sie wieder dafür gesorgt, dass sie keine Steuern zahlen müssen." Eigentümer und Milliardäre seien ihr wichtig, Beschäftigte seien ihr egal, warf auch Kai Jan Krainer (SPÖ) der Volkspartei vor.
"Es geht auch um Steuergeld in Millionenhöhe"
Kika/Leiner sei kein Einzelfall gewesen, verwies Herr darauf, dass auch bei der AUA nach den Staatshilfen Beschäftigte gehen hätten müssen. Position der SPÖ sei immer gewesen, dass Wirtschaftshilfen nicht bedingungslos fließen dürften - sondern im Gegenzug zu Garantien. Nunmehr verlören 1900 Beschäftigte wohl ihren Job und der größte Gläubiger sei die Republik Österreich: "Es geht also auch um Steuergeld in Millionenhöhe." Von der ÖVP forderte Herr: "Setzen sie sich so vehement, wie sie sich für einen der reichsten Menschen der Welt eingesetzt haben, für die Beschäftigten ein."
Kocher will Mitarbeiter unterstützen
Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) will sich "mit aller Kraft dafür einsetzen", die Kika/Leiner-Mitarbeiter zu unterstützen. Man sei mit dem AMS und den Sozialpartnern in Gesprächen. Das AMS sei sehr gut darauf vorbereitet, es gebe im Handel knapp 20.000 gemeldete offene Stellen. Ziel sei, den Mitarbeitern noch während der Kündigungsfristen neue Angebote zu vermitteln. Kocher kündigte auch einen zentralen Ansprechpartner auf Bundesebene an. Der Schaden für den Steuerzahler soll indes so gering wie möglich gehalten werden, so Kocher. Mehrere Unternehmen hätten schon Aufnahmen zugesagt, meinte auch Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP).
Christian Stocker (ÖVP) und Christian Hafenecker (FPÖ) kritisierten wiederum die Sozialdemokraten, sei doch der ehemalige SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer Vorsitzender mehrere Aufsichtsräte der Signa Holding. Auch NEOS-Unterstützer Hans Peter Haselsteiner sei mit 15 Prozent an der Signa-Gruppe beteiligt, so Hafenecker. Der ÖVP warf er vor, den Steuerzahler ausgebeutet zu haben. Der SPÖ schlug er wiederum vor, einen gemeinsamen Untersuchungsausschuss zur Sache zu starten.
Benko komme, räume aus, ziehe weiter und hinterlasse eine Sauerei, meinte Nina Tomaselli (Grüne). Er habe "keinen Bock" gehabt, Steuern zu zahlen, und sei vom türkisen Finanzministerium unterstützt worden. Dass Kika/Leiner Hilfsgelder aus der COFAG bekommen hatte, kritisierte Karin Doppelbauer (NEOS) die "slimfitte Wirtschaftspolitik des ehemaligen Kanzlers Kurz". Hier seien noch viele Fragen offen.