Wenn in den nächsten Wochen viel zu den bevorstehenden Einschnitten bei der Möbelkette Kika/Leiner zu lesen sein wird, rüstet Ikea Österreich weiter auf. Die Tochter des schwedischen Konzerns hat sich zum Ziel gesetzt, die Nummer eins am Markt zu werden. Dafür fließen gerade Millionenbeträge in die Möbelhäuser und kleinere regionale Strukturen. Was in der "Sandbox" Österreich funktioniert, davon wird oft weltweit gelernt.
Ohne großen Medienrummel wurden bereits die Wiener Standorte umgestaltet – speziell die Restaurants und die Accessoire-Abteilungen –, jetzt kommt der Süden Österreichs an die Reihe. Für Graz sind die Umbaupläne fertig. Ab August geht es los. "Wir bauen komplett um", sagt Alpaslan Deliloglu, Ikea-Chef in Österreich, im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Wobei Komplettumbau immer unter laufendem Betrieb bedeutet – wie derzeit sogar im nagelneuen Wiener Innenstadt-Ikea am Westbahnhof live zu sehen ist, wo sieben Millionen Euro verbaut werden. Der völlig anders als die blauen Boxen konzipierte Ikea ist stärkster Umsatzbringer in Österreich.
Zehn Millionen Euro nimmt Ikea in Graz in die Hand. Der Standort bekommt ein eigenes regionales Lieferzentrum. "Das Umland von den Standorten in Graz und Klagenfurt ist riesig", so Deliloglu. "Wir wollen dort mit unseren neuen Konzepten in die Fläche kommen." Das heißt vor allem, dass es mehr regionale "Pick-up-Points" aus Abholboxen geben soll.
Das Redesign in Klagenfurt wird auch schon vorbereitet, dort beginnt der Umbau, wenn Graz fertig ist. Dass der Süden jetzt Priorität hat, begründet Deliloglu mit dem vergleichsweise niedrigen Online-Geschäft in diesen Bundesländern.
Preise im Vorjahr kräftig angepasst
Das Online-Geschäft spielt eine zentrale Rolle beim Gewinnen von Marktanteilen. Durch die Pandemie schnellte der Anteil am Gesamtumsatz von zehn auf bis zu 30 Prozent hinauf. Jetzt liegt er bei 25 Prozent. Aktuell wächst das stationäre Geschäft allerdings stärker als online, erzählt Deliloglu. "Heuer haben wir bis jetzt 14 Prozent Wachstum, das stärkste Plus ever", sagt er. Leistbare Produkte zu haben, sei ein großer Vorteil in Zeiten hoher Inflation. Ikea hatte allerdings auch seine Preise im Vorjahr kräftig angepasst, was den Umsatz treibt. Im Schnitt wurde alles um zehn Prozent teurer. Sukzessive gibt es schon wieder Preissenkungen. Ab September soll das breitflächiger sein. Zudem werde man die Finanzierungsangebote verbessern.
Ende 2024 will Ikea mit Umbau in Österreich fertig sein
"Wir spüren die Krise am Haus- und Wohnungsmarkt durch die hohen Zinsen auch. Wenn vor der Krise in Österreich 20.000 Häuser gebaut wurden, jetzt noch 7000 und bald noch weniger, dann merken wir das besonders bei den Küchenverkäufen. Die sind im Moment sehr schwach", räumt Deliloglu ein. "Dafür gehen Kleinmöbel und Accessoires sehr gut." Jene Gruppen, die das Gros der Umsätze liefern.
Ende 2024 will Ikea mit dem Umbau in Österreich fertig sein. Die gesamte Investitionssumme nennt der Manager, der seit vier Jahren bei Ikea Österreich die Fäden in der Hand hat, nicht. Nummer eins am Markt werden will Ikea schon länger. "2025 sollten wir das schaffen", so Deliloglu. Wobei sich Ikea mit XXXLutz misst – ohne die Ketten, die noch zu der sehr expansiven Gruppe gehören.
Während der Möbelhandel insgesamt noch nichts mit dem Thema Gebrauchtmöbel anfangen kann, macht sich Ikea für "Second Life" stark. Deliloglu: "In Schweden wird schon ein Drittel der Einzelhandelsumsätze mit Secondhandprodukten gemacht." Auf Österreichs Verkaufsplattform Willhaben sind Ikea-Artikel übrigens die mit Abstand am häufigsten eingestellten Produkte.
Claudia Haase