Die heimische Wirtschaft ist im ersten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal weiter gewachsen, allerdings mit weniger Schwung als in den Vorquartalen. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) blieb gegenüber dem vierten Quartal 2022 mit plus 0,01 Prozent nahezu unverändert (saison- und kalenderbereinigt), teilte die Statistik Austria am Freitag mit. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hatte Ende April in einer Schnellschätzung einen Rückgang von 0,3 Prozent prognostiziert.
"Robust" in schwieriger Lage
Im Vergleich zum 1. Quartal 2022 wuchs die heimische Wirtschaft laut Statistik Austria im ersten Quartal 2023 real um 1,9 Prozent. "Österreichs Wirtschaft erweist sich trotz schwieriger Rahmenbedingen als robust", sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas am Freitag laut Aussendung. Die Wachstumsdynamik habe sich aber "in nahezu allen Wirtschaftsbereichen abgeflacht". Spürbar nachgelassen habe die Dynamik in der Industrie und im Bau. Zum Vorkrisenniveau verzeichnet der Sektor zwar immer noch ein klares Plus von 35,5 Prozent, die Industrieumsätze sind jedoch im April 2023 bereits zum zweiten Mal in Folge zurückgegangen.
Arbeitsmarkt-Effekte
Positiv auf das Wachstum wirkte dagegen die Lage am Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung lag weiterhin über dem Vorkrisenniveau – im April 2023 lag das Barometer um 4 Prozent über dem Niveau vom April 2019. Der Fachkräftemangel sei dennoch allgegenwärtig, mit durchschnittlich 206.000 offenen Stellen im Jahr 2006 habe man einen "absoluten Rekordwert" gemessen, so Thomas.
Tourismus stützt Wachstum
Besonders dynamisch entwickelte sich außerdem der Tourismus, dieser werde derzeit "zur Stütze des insgesamt schwächelnden Wachstums", sagte Thomas bei der Pressekonferenz. Im Vergleich zum Vorcoronaniveau hinke die Branche zwar noch etwas hinterher, nun komme der Sektor aber mit mehr Schwung aus der Krise heraus. Die Wintersaison 2022/23 sei bereits auf "Normalniveau" verlaufen, mit 69,3 Millionen lag die Zahl der Nächtigungen nahezu auf dem Rekordniveau der Saison 2018/19.
Die Erholung im Tourismus treibt allerdings nicht nur das Wachstum, sondern auch die Inflation in Österreich nach oben. Im Mai ist die Inflation laut Schnellschätzung mit 8,8 Prozent zwar auf den niedrigsten Wert seit fast einem Jahr zurückgegangen, sie sinkt allerdings deutlich langsamer als im übrigen Euroraum. Das liege "unter anderem an einem höheren Gewicht von Beherbergung und Gastronomie im Warenkorb und weit verbreiteten Indexierungen aller Art", sagte der Statistik-Austria-Generaldirektor.
Teure Dienstleistungen
Zwar seien Energie und Nahrungsmittel weiterhin Preistreiber der Teuerung, ihr Einfluss habe aber in den vergangenen Monaten spürbar abgenommen. "Nur noch ein Drittel der Inflationsrate erklärt sich durch diese Komponenten", sagte Ingolf Böttcher, stv. Direktor der Abteilung Volkswirtschaft der Statistik Austria. Dagegen steigt der Einfluss der Dienstleistungen. Hier legte die Teuerungsrate dagegen von 7,0 Prozent im Jänner 2023 auf 8,9 Prozent im April 2023 zu. Im Warenkorb machen Dienstleistungen fast die Hälfte des Gewichts (48 Prozent) aus.
Bei fast allen Dienstleistungen würden sich die Steigerungen derzeit beschleunigen, so Böttcher. Bestimmende Faktoren für die Dienstleistungspreise seien der Tourismusboom, die nach der Pandemie wieder steigende Lust aufs Reisen und Ausgehen, die Lohnerhöhungen am Arbeitsmarkt, der Arbeitskräftemangel, aber auch die Indexierung vieler Verträge, beispielsweise für Lokalmieten.
Hohe Inflation bei Pauschalreisen
Alleine in der Kategorie "Bewirtung" lag die Inflation im April bei 14 Prozent, nach 12,5 Prozent im Jänner und 10,7 Prozent im Oktober 2022. Noch drastischer fiel das Plus bei Pauschalreisen aus. Dort war die Inflationsrate im Jänner noch um 5,2 Prozent gesunken, im April lag sie jedoch bei plus 20,9 Prozent. Aber auch für sonstige Dienstleistungen wie Friseur und Kosmetik müssen Kunden mehr zahlen als noch vor ein paar Monaten. "Die Menschen möchten wieder reisen und müssen dafür mehr zahlen", sagte Böttcher.
Gute Nachrichten für die Verbraucher seien hingegen, dass sich ein sinkender Preisdruck auf Güter (ohne Lebensmittel) abzeichne. Das sehe man vor allem an der Entwicklung der Großhandels- und der Erzeugerpreise. "Hier zeigt sich ein deutlich negativer Trend", sagte Böttcher.
Reaktionen
Finanzminister Magnus Brunner reagierte erfreut auf die aktuellen Zahlen zum BIP. "Der österreichische Wirtschaftsstandort stellt erneut seine Stabilität und Krisenfestigkeit unter Beweis. Während andere Länder eine Rezession verzeichnen, ist die heimische Wirtschaft trotz des volatilen wirtschaftlichen Umfelds erneut leicht gewachsen," so der Minister laut einer Stellungnahme gegenüber der APA.