Eine Rezession kommt "so sicher wie das Amen im Gebet", glaubt der Goldexperte Ronald-Peter Stöfele. Er rechnet auch mit einer weiteren Inflationswelle. Während Gold in der breiten Bevölkerung derzeit kaum ein Thema sei, haben die Notenbanken 2022 massiv Gold zugekauft – vor allem in Schwellenländern. Notenbanken haben im Vorjahr die Rekordmenge von 1100 Tonnen des Edelmetalls zusätzlich eingelagert und die Goldkäufe der Zentralbanken seien auch heuer auf Rekordkurs.
Mehr Gold in Schwellenländern
Der Rückgriff auf Gold habe kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bzw. die Sanktionen der USA gegen russische Reserven abgehoben, zeigt der Bericht "In Gold We Trust", den Stöfele und Mark Valek am Mittwoch in Wien vorstellten. Die Renaissance von Gold als Notenbankreserve habe zwar auch mit dem Krieg in der Ukraine zu tun, sei aber allgemein ein Zeichen des Ausstiegs aus dem Dollar als Reservewährung in vielen Ländern, sagte Valek. Auch in den kommenden Jahren dürften Notenbanken Treiber der Goldkäufe und damit des Goldpreises sein. Während Notenbanken von den 1960er-Jahren bis 2009 in der Regel Goldreserven abgebaut hätten, gebe es seither jedes Jahr zusätzliche Einlagerungen, wobei sich die fünf größten Schwellenländer (BRICS/Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) einen deutlich steigenden Anteil der Goldreserven sichern – spätestens 2050 dürfte mehr Gold in den Schwellenländern liegen als in den Industriestaaten.
Aber auch bei Gold für Konsumenten sind Indien und China dominierend: Die beiden Länder haben über 20 Jahre 35.000 Tonnen Gold importiert und zeichnen für mehr als die Hälfte der weltweiten Konsumentennachfrage verantwortlich. "Wir vergessen, dass der Goldpreis immer mehr in den Schwellenländern gemacht wird", so Stöfele. Und die Affinität dieser Länder dürfte nicht zurückgehen.
Auf eine baldige Rezession deuteten viele Indikatoren, darunter vier, die in den vergangenen Jahrzehnten immer richtig gelegen seien. So etwa der "Leading Economic Index" (LEI), ein Bündel an Indikatoren, der seit 1968 alle Rezessionen richtig vorhergesagt habe. Drei weitere Indikatoren, die "immer richtig gelegen" seien und derzeit auf eine Rezession hinzeigen, seien der Rückgang der Geldmenge, die Verschärfung der Kreditvergabe und die inverse Zinskurven. Nur der Arbeitsmarkt sei noch im Aufwind, trübe sich aber auch schon ein, wie man am US-Technologiesektor sehe.
Harte Landung
Angesichts des schnellen Anstiegs der Zinsen erwartet Stöfele eher eine harte Landung. Genauso pessimistisch sind Valek und Stöfele mit Blick auf die Inflation. Zwar gehe die Teuerung derzeit zurück, es baue sich aber schon eine dritte Welle auf. Eine ähnliche Entwicklung habe es in den 1970er-Jahren gegeben. Stöfele geht davon aus, dass die Notenbanken angesichts der Wirtschaftseintrübung die Zinsen rasch wieder senken werden – was den Keim einer hartnäckigen Inflation in sich trage. Die Zentralbanken seien strukturell immer zu spät dran mit ihren Maßnahmen.
Rezession sei eine gute Zeit für Gold, erinnern Stöfele und Valek, sie rechnen mit weiteren Rekordpreisen in Dollar. Derzeit kratzt der Goldpreis an den 2000 Dollar je Unze. Um real, also unter Berücksichtigung der Inflation, den Rekordwert von 1980 zu übertreffen, müsste Gold allerdings derzeit 2500 Dollar kosten. So hoch könnte der Preis laut Prognose des Goldreports bis Ende 2024 steigen.