Bisher war Silizium der Rohstoff der Digitalisierung. Als Halbleiter gab er der Industrie den Namen. Aber technologisch gibt es schon viel Besseres: Galliumnitrid ermöglicht in Chips weit schnelleres Schalten von Strom. "Es kann Leistungsverluste um 30 Prozent reduzieren", so Sabine Herlitschka von Infineon Österreich. Bei E-Autos ermöglicht das etwa deutlich größere Reichweiten als bisher. Werden Galliumnitridchips breitflächig eingesetzt, könnten sie weltweit 218 Millionen Tonnen CO₂-Ausstoß jährlich sparen, erklärt sie. Deshalb drückt Infineon jetzt in zwei Leuchtturm-Forschungsprojekten mit 98 Partnern aufs Tempo, um die Chips in viele konkrete Lösungen bis 2026 umzusetzen. Zudem wird das mit einem weiteren Projekt zu Künstlicher Intelligenz (KI) kombiniert. "Auch wenn wir als Infineon viel Kompetenz haben, stehen wir doch vor so großen Herausforderungen, dass wir breit in die Anwendung kommen müssen", so Herlitschka. Für die EU sind beide Projekte enorm wichtig. Infineon ist mit großen Fabriken das Flaggschiff der in Europa verbliebenen Halbleiterindustrie. Bei Energiesparchips ist Infineon Weltmarktführer – auch speziell durch Villach, wo die Galliumnitridchips über Jahre entwickelt wurden.

Johannes Schoiswohl, Business Line Head "Epic", Division Power & Sensor Systems, Infineon Technologies Austria AG, Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria AG, Henriette Spyra, Sektionsleiterin Innovation und Technologie des österreichischen Klimaschutzministeriums, Francisco Ignacio, Programm Manager KDT JU
Johannes Schoiswohl, Business Line Head "Epic", Division Power & Sensor Systems, Infineon Technologies Austria AG, Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies Austria AG, Henriette Spyra, Sektionsleiterin Innovation und Technologie des österreichischen Klimaschutzministeriums, Francisco Ignacio, Programm Manager KDT JU © (c) Infineon Technologies Austria AG/APA-Fotoservice/Tanzer (Richard Tanzer)

Die Projekte dienen der Dekarbonisierung, dem "Green Deal" und der industriellen Stärkung Europas. Infineon leitet beide Projekte. Künstliche Intelligenz soll für Fertigungsprozesse breit nutzbar gemacht werden – und zwar branchenunabhängig. Zudem wird ein krisenfestes Lieferkettenmanagement über eine sichere Vernetzungsplattform aufgebaut. Die Pandemie hatte hier viele Schwachstellen offengelegt – Chipmangel lähmte phasenweise Europas Autohersteller.

"Mehr aus weniger machen"

Konkret arbeiten 53 Partner aus zwölf Ländern an 20 KI-Anwendungen. Infineon nutzt KI seit Jahren für Datenanalysen im weltweiten Fertigungsnetzwerk. So steht die neue Chipfabrik in Villach in permanentem Datenaustausch mit ihrem Zwilling in Dresden. "Alle Fachkräfte haben Zugriff auf Testergebnisse", erklärt Thomas Morgenstern von Infineon Dresden einen der Vorteile. Lebenszeiten von Maschinen würden verlängert und Überwachungszeiten durch Menschen reduziert.

"Mehr aus weniger machen", weniger Ressourceneinsatz für höhere Energienutzung, ist für Herlitschka das Motto der Projekte. Für neue Chip-Systemlösungen ziehen 45 Partner aus zwölf Ländern an einem Strang. "Es geht um die Nutzung der Legobox", so Herlitschka. Etwa für Lösungen in Rechenzentren, Wechselrichter in PV-Anlagen oder On-Board-Charger in E-Autos. Die Batteriemanager sind groß. Galliumnitrid-Chips ermöglichen kleinere Einheiten, die Batterie kann für mehr Reichweite größer werden.

60 Millionen fließen in das Chipprojekt "ALL2GaN", wobei GaN die Formel für Galliumnitrid ist. 70 Millionen gehen unter "AIMS5.0" in KI-Anwendungen, 5.0 steht für Industrie 5.0. Die Projekte decken die gesamte Wertschöpfungskette ab, betont Henriette Spyra, Sektionsleiterin im Klimaministerium. 50 Prozent des Geldes kommen aus der Industrie, je ein Viertel aus EU-Mitteln sowie nationalen Förderungen.