Die große Katerstimmung kommt nach der "Gierflation", wie sie manche auch in der Autobranche nennen. Corona, fehlende Chips und Bauteile, dramatisch steigende Energiepreise, der Krieg: Das Gut Auto wurde knapp. Plötzlich gab es keine Rabatte mehr, ein Paradoxon entstand. Die Konzerne machten höhere Milliardengewinne denn je, obwohl sie weniger Autos verkauften. Manche Modelle wurden alle drei bis vier Monate teurer, nicht einmal mit den Geißeln dieser Tage ist und war das immer schlüssig erklärbar.
Aber das System funktionierte. Wenig Angebot, lange Wartezeiten auf Neuwägen und eine erstaunlich hohe Nachfrage flankierten die Preissteigerungen. 8,3 Prozent legten die Autopreise alleine von April 2022 bis April 2023 zu. Auf Basis von Zahlen der Statistik Austria führen Öamtc, Arbö und die Gewerkschaft öffentlicher Dienst Analysen durch.
Von 2021 auf 2022 setzte es eine Preissteigerung von 17,2 Prozent für Erwerb, Erhaltung und Nutzung von privaten Neu- und Gebrauchtfahrzeugen. "Bei einer allgemeinen Inflationsrate von 8,6 Prozent", erklärt ÖAMTC-Verkehrswirtschaftsexperte Martin Grasslober. Geht man nur ein paar Jahre weiter zurück, kommt man auf über 30 Prozent Teuerungsrate.
Ein Pyrrhussieg, der Kreislauf der Branche wurde beschädigt. Leasingkunden und Neuwagenbesitzer behielten Autos länger, die fehlenden Fahrzeuge verursachten eine Ebbe am Gebrauchtwagenmarkt, dessen Preise von April 2022 bis April 2023 um 12,2 Prozent stiegen. Leasingraten wuchsen mit den Zinsen, Unterhaltskosten (Mechaniker-Stunden, Zubehör) mit der Energiekrise. Die Parkgebühren verteuerten sich seit April 2022 um 13,6 Prozent. Die Teuerung als Flächenbrand mit unabsehbaren Konsequenzen.
Der Kunde zahlt drauf ...
Die Folgen? Der Privatmarkt kollabiert gerade in sich selbst, die guten Zulassungszahlen sind nur von den Auslieferungszahlen jener Fahrzeuge getriggert, auf die die Kunden seit 2022 gewartet haben. In Österreich fehlen seit zwei Jahren pro Jahr 100.000 Autos in der Verkaufsbilanz, die sich davor jenseits der 300.000er-Marke aufgebläht hatte. Diese Fahrzeuge fehlen in den Werkstätten-Bilanzen (Service, Reparaturen). Das System, das auf hohe Verkaufszahlen und ein konstantes Geschäft ausgelegt ist, wirkt heute überdimensioniert. Und der Kunde zahlt drauf.
Verteuerung von bis zu 54 Prozent binnen sechs Jahren
Einstiegsmodelle, die aufgrund zu geringer Margen aus dem Programm fielen, fehlen. Die neue EU-Abgasnorm Euro 7 wird die Autos weiter verteuern. Und die E-Mobilität ist einer der großen Preistreiber und noch kein Massenprodukt. Beispiele zeigen, wie alleine in den letzten sechs Jahren, seit 2017, das Autofahren zum Luxus geriet. Florian Merkel vom Öamtc listete Daten anhand vergleichbarer Modelle auf: Ein Opel Corsa, der 2017 noch 18.070 Euro kostete, kommt heute auf 27.859 Euro. Das ist eine Differenz von 9789 Euro bzw. eine Steigerung von 54 Prozent. Und der vergleichbare elektrische Corsa kommt auf 39.539 Euro. Beim Golf im Jahr 2017 legte man für einen Neuwagen 2017 noch 20.740 Euro hin. Ein vergleichbares Modell kostet heute 28.090 Euro (Differenz 7350 Euro/plus 35 Prozent). Beim Fiat 500 (Neupreis 15.080/2017, Preis 2023 17.342 Euro) liegt die Differenz bei 2262 Euro (plus 15 Prozent).
Die Preisunterschiede vom Verbrenner zur E-Mobilität sind teils so hoch, dass man dafür früher einen Kleinwagen bekommen hätte. Betonung auf früher. Unter 20.000 Euro sind Verbrenner Mangelware, E-Autos unter 30.000 sowieso.
Das Preismatch zwischen Verbrennern und E-Autos
Der Adac rechnete zuletzt für Deutschland durch, ab wann sich die E-Mobilität aufgrund steigender Strompreise nicht mehr rechnet. Vor allem Kleinwagen mit E-Antrieb, im Schnitt erheblich teurer als ihre Artgenossen mit Verbrennungsmotor, verloren das Preismatch, "wenn der Strompreis auf mehr als 40 Cent/kWh steigt", heißt es. Aber: in der Mittelklasse liegt der Vorteil beim E-Auto.
In Österreichs Haushalten liegt der Median aller Neukundenprodukte/Strompreise bei 25,03 Cent/kWh. Beim Schnellladen hierzulande zahlt man schnell das Doppelte und mehr.
Einige Autokonzerne reagieren mit Preisnachlässen
Die Autokonzerne mussten reagieren. Tesla senkte seine Preise massiv, ungeachtet aller Konsequenzen am Leasing- und Gebrauchtwagenmarkt. Die großen, klassischen Autokonzerne geraten unter Druck, sie antworten mit Sondermodellen und Aktionen. Selbst Premiumhersteller, die keine Rabatte mehr geben wollten, bieten versteckt Preisreduktionen an. Aber das alles wird uns die gesellschaftspolitische Diskussion in den nächsten Jahren nicht ersparen: Wie viel darf das Auto noch teurer werden – und wie viel Auto braucht der Mensch?
Didi Hubmann