Wenn es um Fruchtsaft geht, dann entscheiden sich viele für Orangensaft. Doch für den Genuss müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher wohl bald noch tiefer in die Tasche greifen. Denn wegen schlechter Ernten, einer in Florida grassierenden Pflanzenkrankheit und Hurrikans ist Orangensaft derzeit weltweit so knapp wie lange nicht mehr. Kleiner Trost: Bei frischen Orangen sieht es etwas besser aus.
Die Saftbranche leide unter schlechten Ernten in zahlreichen Regionen und sinkenden Vorräten an Orangensaftkonzentrat im wichtigsten Lieferland Brasilien, sagte der Geschäftsführer des Verbands der deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF), Klaus Heitlinger, der Deutschen Presse-Agentur. An der Warenterminbörse in den USA sei Orangensaftkonzentrat derzeit um ein Mehrfaches teurer als üblich. "Die Ware ist knapp und die Rohstoffkosten steigen. Das heißt: Auch die Verbraucher müssen sich darauf einstellen, dass Orangensaft teurer wird", sagte der Branchenkenner.
"Preise für Orangensaftkonzentrat auf Rekordniveau"
Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein. Auch der Chef des deutschen Saftherstellers Valensina, Tino Mocken, malte im Gespräch mit dem Branchenfachblatt "Lebensmittel Zeitung" kürzlich ein düsteres Bild der Lage. Die Preise für Orangensaftkonzentrat lägen auf Rekordniveau. Schlimmer noch: Es gebe aktuell nichts zu kaufen, die Märkte seien leergefegt, beschrieb er die Lage.
Zwar habe Valensina die eigene Lieferfähigkeit für 2023 durch langfristige Verträge weitgehend gesichert. Größere Zusatzaufträge, etwa weil Wettbewerber nicht mehr liefern könnten, könne Valensina aber nicht bedienen. "Im Gesamtmarkt drohen daher im Sommer Engpässe und Lieferausfälle - und weitere Preissteigerungen", schrieb die Zeitung.
Boris Voelkel, Einkaufschef beim Bio-Saft-Spezialisten Voelkel, sieht keine rasche Besserung. "Wir haben es immer mehr mit Wetterextremen zu tun – wie der Trockenheit in Italien und Spanien. Das wird sich weiter zuspitzen", befürchtet er. In der Vergangenheit habe es bei ähnlichen Preisausschlägen, bei Zitronensaft oder bei Himbeeren oft geraume Zeit gedauert, bis die Preise wieder deutlich gesunken seien.
Voelkel komme aber bisher vergleichsweise gut mit der Krise zurecht, betonte der Manager. Das Unternehmen profitiere jetzt davon, dass es in langfristige Beziehungen mit seinen Lieferanten investiert und den Anbaupartnern stets einen auskömmlichen Preis über dem Marktniveau gezahlt habe. Diese hätten nun im Gegenzug die Preise weniger stark erhöht, als es der Weltmarktpreis erlaubt hätte. Dem Hersteller kommt allerdings auch zugute, dass er auf Direktsäfte spezialisiert ist.
Besonders starke Einbrüche in den USA
Nach dem jüngsten Marktbericht des US-Landwirtschaftsministeriums dürfte die weltweite Orangenproduktion im Wirtschaftsjahr 2022/23 um fünf Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen. Besonders stark seien die Einbrüche in den USA, wo die Produktion sogar auf den niedrigsten Stand seit mehr als 56 Jahren fallen dürfte, prognostizierten die Experten. Hauptgründe dafür seien die Ausbreitung einer Pflanzenkrankheit – des sogenannten Citrus Greening – und die Auswirkungen von Hurrikans auf die Erntemengen in Florida. Aber auch in Brasilien, dem größten Erzeugerland für Orangen, und in Europa habe schlechtes Wetter die Erntemengen negativ beeinflusst.
Die weltweite Orangensaftproduktion dürfte nach den Schätzungen des US-Ministeriums sogar um sieben Prozent sinken. Die Lagerbestände bei Orangensaftkonzentraten seien in Brasilien, von wo 90 Prozent der EU-Importe stammen, so niedrig wie selten zuvor.
Marktsituation besser als bei Saftkonzentrat
Doch gibt es auch eine gute Nachricht für die Orangenfans. Bei frischen Orangen sieht die Marktsituation nach Angaben der Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI) deutlich besser aus als bei Saftkonzentrat. Denn die Märkte für Saftkonzentrat und für Frischware sind sauber getrennt. Rund 90 Prozent des Orangensaftkonzentrats für die EU kommen aus Brasilien. Die frischen Orangen im Supermarkt stammen dagegen im Winter in der Regel aus der Mittelmeerregion, im Sommer häufig aus Südafrika.
"Im Moment gibt es keine Knappheit bei frischen Orangen. Das Angebot ist wegen der Trockenheit in Spanien nicht besonders reichlich, aber es ist nicht wirklich knapp", sagte AMI-Expertin Gabriele Held. Wer Orangen kaufen wolle, bekomme sie, wenn auch zu Preisen etwas über dem Vorjahresniveau.