Die Regierung hat im Ministerrat am Mittwoch ein Paket gegen die Teuerung beschlossen. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) haben dazu erste Details präsentiert. Im Fokus stehen dabei die Bereiche Energie und Lebensmittel. Insgesamt stehen laut Nehammer und Kogler vier Maßnahmen im Zentrum:

  • Stromrechnung: Zudem soll die Preistransparenz verbessert werden. Für jene Stromkundinnen und -kunden, die bereits einen Smartmeter (elektronischer Stromzähler) haben, soll es ein Recht auf eine monatliche Rechnung geben. Für jene, die noch keinen haben, zumindest eine halbjährliche. Sowohl Vorschreibungen als auch Vertragsbindungen sollen künftig für Kundinnen und Kunden transparenter gestaltet werden. Gestärkt werden sollen die gesetzlichen Einmeldeverpflichtungen der Energieversorger an die E-Control, um eine Verbesserung des Tarifkalkulators zu erzielen.

  • Lebensmittelpreise: Die Regierung wird darüber hinaus künftig regelmäßig in einem Lebensmittel-Transparenzbericht die Einkaufspreise des Lebensmittelhandels anhand definierter Lebensmittel (auf Basis Agrarmarkttransparenzverordnung) veröffentlichen. Der Lebensmittelhandel selbst müsse künftig offenlegen, welche Mengen an Lebensmittel als Sachspenden an gemeinnützige Organisationen zur Verfügung stellt. 

  • Abgaben: Um die Teuerung zu dämpfen, sollen die Bundesgebühren eingefroren werden. Ein Teil der Gewinnabschöpfung im Energiebereich soll für Länder und Gemeinden bereitgestellt und für direkte inflationsdämpfende Maßnahmen bei administrierten Preisen (z. B. Gebührensenkung/Stopp) herangezogen werden.

Weitere Maßnahmen

  • Verschärfung des Wettbewerbsrechts: Es soll zur Erweiterung der Befugnisse der BWB kommen – zudem zu einer besseren Ressourcenausstattung der Bundeswettbewerbsbehörde. So sollen zehn weitere Planstellen geschaffen werden.

Emotionaler Sozialminister: "Mir reicht's da einfach"

Sozial- und Konsumentenschutzminister Johannes Rauch bestätigte bereits am Dienstagabend in der ORF-Sendung "Report" das grundsätzliche Vorhaben. "Wir sind dabei, uns zu einigen. Es wird aktuell noch verhandelt", ließ er gegen 21 Uhr wissen. Zugleich betonte Rauch, dass es dringend Zeit für einen Eingriff sei. Denn: "Die Menschen können das nicht mehr stemmen. Vor allem die im unteren Einkommensdrittel."

Explizit und durchwegs emotional ("Mir reicht's da einfach") sprach der Minister mehrmals Energieversorger und Handelskonzerne an. "Wenn bei den Bauern und Bäuerinnen die Preise sinken und das nicht an der Supermarktkasse ankommt, stimmt was im System nicht", befand Rauch etwa mit dem Verweis auf eine "einzigartige Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel".

Sonder-Nationalrat am Freitag

Die von der SPÖ verlangte Sondersitzung des Nationalrats zur Teuerungsproblematik findet übrigens am Freitag statt. Eröffnet wird die Sitzung um 9 Uhr, ab 12 Uhr erfolgt die Debatte über die zu erwartende Dringliche Anfrage bzw. den zu erwartenden Dringlichen Antrag mit dem Titel "Totalversagen der Bundesregierung im Kampf gegen die Teuerung", teilte die Parlamentskorrespondenz mit.

Zuletzt hat die SPÖ auch einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung in Aussicht gestellt – ein Instrument, zu dem auch die FPÖ greifen will.

Scharfe Kritik von Fiskalrat Badelt an der Regierung

Christoph Badelt, Chef des Fiskalrats, fand am Mittwochmorgen hingegen deutliche Worte für die Inflationsbekämpfung der Regierung. Diese solle "bitte aufhören, das Geld hinauszuwerfen". Es seien immer wieder zu viele Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip erfolgt, eine davon – der "viel zu große Energiekostenzuschuss 2" – laufe sogar noch. Badelt warnt davor, weiter viel Geld für Maßnahmen auszugeben, die in der größeren Zahl Menschen bekommen, die es nicht brauchen, sagte er im "Ö1-Morgenjournal".

Er teile die Warnung von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, dass es durch die hohe Inflation Österreich wie den "Südländern" der Eurozone gehen könne und die Preise davonziehen. Eine Senkung der Mehrwertsteuer lehnt der Steuerexperte der Republik ab, das wäre "eine ganz, ganz große Gießkanne, das kostet wahnsinnig viel Geld". Er sprach von rund zwei Mrd. Euro und deponierte seine Befürchtung, dass es sich keine Regierung trauen würde, dies in besseren Zeiten wieder zurückzunehmen.

Van der Bellen wird Maßnahmen im Auge behalten

Die von der Bundesregierung am Mittwoch präsentierten Maßnahmen gegen die Teuerung haben die Oppositionsparteien nicht überzeugt. Vielmehr orteten sie einmal mehr ein Versagen der Regierung. Auf Verlangen der SPÖ gibt es daher am Freitag eine Sondersitzung des Nationalrats. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kündigte an, ein Auge auf die Maßnahmen zu haben.

"Die Bundesregierung hat heute weitere Maßnahmen präsentiert. Ich werde genau darauf schauen, dass diese rasch und wirkungsvoll umgesetzt werden", ließ das Staatsoberhaupt via Twitter wissen. Die Folgen der Inflation betreffen immer mehr Menschen, so Van der Bellen, der die Schuldnerberatung in Wien besuchte. Die anhaltende Teuerung stelle Österreich vor eine große Aufgabe. "Jede und jeder muss den Zusammenhalt und die Solidarität von uns allen spüren und das auch im Geldbörserl sehen", erklärte Van der Bellen.

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