Die Europäische Zentralbank (EZB) muss die Zinsen aus Sicht von Ratsmitglied Peter Kazimir möglicherweise über längere Zeit als derzeit erwartet anheben. Der slowakischen Zentralbankchef erklärte am Dienstag in einem Blogbeitrag: "Unsere September-Prognose wird das früheste Datum sein, um zu beantworten, wie effektiv unsere Maßnahmen sind und ob sich die Inflation in Richtung des Ziels bewegt."
Die EZB hat die Zinsen vorige Woche um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, liegt derzeit bei 3,25 Prozent, der Leitzins bei 3,75 Prozent. Am Geldmarkt wird erwartet, dass die EZB die Zinsen weiter anheben wird – dabei ist eine Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte im Juni Teil des Szenarios.
Für die EZB ist der Kampf gegen den anhaltenden Preisschub langwierig: Denn die Inflation im Euroraum liegt weiterhin deutlich über der angestrebten Notenbank-Zielmarke von zwei Prozent. Im April stieg die Teuerungsrate sogar leicht an auf 7,0 Prozent, nachdem sie noch im März von 8,5 Prozent im Februar auf 6,9 Prozent gesunken war. Die viel beachtete Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Energie- und Rohstoffpreise ausgeklammert werden, ging zudem im April nur minimal von 5,7 Prozent im März auf 5,6 Prozent zurück. Dies treibt viele Währungshüter um, denn es könnte ein Anzeichen sein, dass sich diese sogenannte zugrunde liegende Inflation hartnäckiger als erwartet erweisen wird.
EZB-Chefvolkswirt Philip Lane hält sich über den künftigen Zinskurs unterdessen bedeckt. Es gelte, sich in Zeiten der Unsicherheit von "Sitzung zu Sitzung" zu orientieren, sagte Lane am Dienstag in Berlin auf einer Veranstaltung des Jacques Delors Centre. Die Währungshüter müssten dabei Abwärts- und Aufwärtsrisiken sorgfältig gegeneinander abwägen. "Wir sind dabei von den Daten abhängig", betonte der Ire. Dabei sei kein Zinspfad vorgezeichnet. Es gehe darum, die Zinsen auf ein gewisses Niveau zu bringen und sie dann dort so lange wie nötig zu halten.