Mit 1. Mai 2023 treten Teile der 41. Novelle des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG) in Kraft. Im Rahmen dieser werden auch bestimmte Strafbeträge erhöht. Wer im Auto keinen Sicherheitsgurt anlegt oder keinen Sturzhelm auf Motorrädern oder Mopeds trägt, zahlt für ein Organmandat an Ort und Stelle künftig 50 statt bisher 35 Euro – eine Anzeige kostet bis zu 100 Euro. "Zusätzlich drohen wie bisher zivil- und strafrechtliche Folgen, wie beispielsweise Nachteile bei Schadenersatzansprüchen oder bei Versicherungsleistungen", sagt Martin Hoffer, Leiter der ÖAMTC-Rechtsdienste.
Auch das Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung wird für Autofahrer teurer: Das Organmandat bei Verwendung eines Handys am Steuer ohne Freisprecheinrichtung kostet dann 100 statt bisher 50 Euro. "Bei einer Anzeige – vor allem bei Strafen, die durch Fotos von Abstands- oder Geschwindigkeitsmessungen veranlasst werden – sind Strafen bis zu 140 Euro möglich", fügt Hoffer hinzu.
Zu den aktuellen Neuerungen sagt der Verkehrsjurist: "Sie sind die Fortsetzung einer Entwicklung, die seit Jahrzehnten läuft - in der Annahme der Politik, dass erhöhte Strafen unmittelbar das Verhalten beeinflussen." Das sei inzwischen aber eindeutig widerlegt. "Am wichtigsten ist, dass die Öffentlichkeit weiß, welche Strafen drohen, dass die Höhe der Strafen bekannt ist und dass jeder damit rechen muss, für sein Fehlverhalten zur Verantwortung gezogen zu werden."
Andere Ablenkungen ebenso gefährlich
Die Frage ist nun freilich: Welche Übertretungen werden unter Strafe gestellt und welche nicht? Beim Thema Handy zeigt sich, wie Hoffer betont: "Das Benützen des Mobiltelefons ohne Freisprecheinrichtung wurde unter Strafe gestellt, aber andere ablenkende Tätigkeiten sind davon nicht berührt: Essen, trinken, streiten, Haustiere versorgen und was sonst noch im Auto passiert, ist sehr wohl unfallkausal, bleibt von solchen Bestimmungen aber unberührt." Der ÖAMTC-Experte plädiert für eine Förderung des allgemeinen Risiko- und Problembewusstseins. "Wir haben diese Erhöhungen für vertretbar, aber nicht unbedingt für nötig. Gescheiter wäre es, die Überwachungsdichte so anzupassen, dass man für wirklich gefährliche Tätigkeiten wirklich damit rechnen muss, dass man sanktioniert wird."
Gurt und Helm als Privatangelegenheit?
Man könnte freilich behaupten, Gurtanlegepflicht und Helmpflicht wären ein Eingriff in rein persönliche Rechte, weil ein Verstoß dagegen ja nur da eigene Leben gefährdet. Dem hält Hoffer entgegen: "Wer ohne Sicherheitsgurt fährt, schadet auch dem potenziellen Unfallgegner, weil die Verletzungen, für die dieser einzustehen hat, unter Umständen viel schlimmer ausfallen als bei einem angegurteten Autofahrer." Nehmen wir etwa eine Vorrangverletzung: Der Bevorrangte ist nicht angeschnallt, der Nachfahrende haftet ohnehin für den Schaden, aber mit Gurt wäre sein Unfallgegner eventuell nur leicht verletzt, ohne Gurt hingegen vielleicht sogar tot. "Und bei den gesundheitlichen Folgen ist auch die Allgemeinheit betroffen." Bei der Helmpflicht sei es dasselbe.
Vorsicht beim Ländervergleich
Das System des Verwaltungsstrafrechts ist für Laien nicht leicht zu durchschauen, wie der Verkehrsjurist betont, weil es so viele Wenn und Aber, Alternativen und Konstellationen gebe. Da spielen viele Faktoren eine Rolle, gerade Tat-Wiederholungen oder verwandte Delikte würden dazu führen, dass die Bewertung des Delikts zu einem anderen Ergebnis führt, als wenn man nur einmal erwischt worden wäre. "Vordergründige Zahlen sind mit Vorsicht zu nehmen", warnt Hoffer. Das gelte auch für die Vergleichliste des ADAC zu den Strafhöhen im Ausland. "Die Systeme sind auch nicht überall gleich. Im Ausland ist für ein Delikt eventuell auch nicht die Verwaltungsstrafbehörde für die Strafdrohung zuständig, sondern gleich das Gericht."