"Ja, natürlich ist die Wirtschaft mit Herausforderungen konfrontiert“ – Martin Schaller macht keinen Hehl daraus, dass die gegenwärtige Krisenkulisse in all ihren Ausprägungen Spuren hinterlässt. Der Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank (RLB) spricht zwar von einem „nebelverhangenen Ausblick“, zeigt sich aber überzeugt davon, „dass die Stimmung unter dieser Oberfläche besser ist, als wir sie manchmal wahrnehmen“. Er betont: „Eine Rezession sehen wir heuer nicht, wir erwarten zumindest ein kleines Wachstum.“

Immenses Potenzial orte er im Bereich „der grünen Transformation, Nachhaltigkeit ist längst zum Standort- und Wettbewerbsfaktor geworden“. Bei Privatkunden sei auch das Interesse an Nachhaltigkeitsfonds weiter gestiegen, neun von zehn Neuabschlüsse fielen 2022 in diese Kategorie, so Schaller.

Mehr Finanzierungen im Bereich der Nachhaltigkeit

Die Raiffeisenbankengruppe Steiermark, also RLB und die 45 eigenständigen regionalen Raiffeisenbanken, haben 2022 das Gesamtfinanzierungsvolumen um 8,6 Prozent auf 24,5 Milliarden Euro gesteigert. Allein bei der RLB haben Finanzierungen im Bereich der Nachhaltigkeit, u. a. in erneuerbare Energien und Energieeffizienz, um zwölf Prozent zugelegt, ein Volumen von 720 Millionen Euro im Neugeschäft, so Schaller. Hier werde auch weiterhin mit Wachstum gerechnet. Insgesamt lasse die Dynamik im Kreditneugeschäft deutlich nach, das liege an den gestiegenen Zinsen im Wohn- und Immobilienfinanzierungsbereich, aber auch an den strengeren Vergaberegeln. Die dahinter stehende, sogenannte KIM-Verordnung, kritisiert Schaller abermals scharf: „Die braucht kein Mensch, die sollte komplett abgeschafft werden.“

Im Firmenkundenbereich gehe man bei Raiffeisen Steiermark heuer dennoch von einem Plus von fünf Prozent aus.

Zählt man sämtliche Kundengelder, die von Raiffeisen Steiermark 2022 gemanagt wurden, zusammen, also etwa Guthaben, Kredite, Wertpapierveranlagungen, sei ein Höchststand von 51,6 Milliarden Euro erreicht worden – obwohl die verwalteten Kundenvermögen aufgrund der volatilen Finanzmärkte im Vorjahr um 1,4 Prozent auf 24,5 Milliarden Euro gesunken sind.

Vorsorgen für künftige Risiken

Mit der Bilanz zeigt sich Schaller „sehr zufrieden“. Die Zahl der Privatkunden sei um knapp 20.500 auf mehr als 751.000 angewachsen, jene der Firmenkunden um mehr als 2500 auf knapp 68.000.
Das Betriebsergebnis der Bankengruppe sei – nach UGB bilanziert – im Jahresvergleich von 283 auf 419 Millionen gestiegen, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) von 383 auf 293 Millionen Euro gesunken, was Schaller insbesondere mit den „sehr konservativ getroffenen Vorsorgen für künftige Risiken“ sowie „kursindizierte Schwankungen durch Zinsanpassungen“ begründet. Die Risikovorsorgen für 2022 und heuer würden sich auf rund 60 Millionen Euro summieren, „wenn das restliche Jahr aber so weiterläuft, dann werden wir das nicht in Anspruch nehmen“, zeigt sich Schaller zuversichtlich.

Bei der RLB selbst lag das Konzernergebnis vor Steuern bei 121,5 Millionen Euro (nach UGB bilanziert) – nach 144,3 Millionen im Jahr davor. Der nach den internationalen Bilanzierungsstandards (IFRS) erstellte Konzernabschluss der RLB weist ein Konzernergebnis vor Steuern von 92,6 Millionen Euro (2021: 113 Millionen) aus. Neben dem Bewertungseffekt für die Beteiligung an der Raiffeisen Bank International (die RLB Steiermark hält zehn Prozent) habe auch das allgemeine wirtschaftliche Umfeld und die Zinslandschaft das Ergebnis beeinflusst.
Mit einer konstanten Eigenmittelquote von 19 Prozent liege man deutlich über den gesetzlich erforderlichen 12,8 Prozent. In der gesamten Bankengruppe betrage die Kernkapitalquote 21,8 Prozent, vorgeschrieben seien 8,5 Prozent.

Zwei weitere Leitzinserhöhungen bis zum Sommer

Schaller geht bis Sommer noch von zwei weiteren EZB-Leitzinserhöhungen um jeweils 0,25 Prozentpunkte aus. Er bedauert, „dass die EZB leider fünf Jahre zu spät begonnen hat, die Zinsen zumindest in kleinen Schritten anzuheben“. Dann hätte man sich den „Schock“, der durch die zuletzt in so kurzen Abständen erfolgten Erhöhungen entstanden sei, erspart.