Das DPD-Verteilerzentrum Kalsdorf bei Graz steht wieder einmal unter heftiger Kritik: Bereits im Dezember enthüllte die Kleine Zeitung, dass Paketlieferanten über untragbare Arbeitsbedingungen klagen. Zugespielte Fahrtlisten zeigten, dass einzelne Fuhren immer wieder zwischen 200 und 300 Pakete umfassten. Unmöglich, in einem Acht-Stunden-Tag abzuarbeiten.
Am Donnerstag legte jetzt auch der "Standard" mit einer großen Geschichte und weiteren Details nach. Auch dort beklagen Zusteller, die über Subfirmen tätig sind, extreme Arbeitszeiten sowie schlechte Bezahlung.
Dem Zeitungsbericht zufolge arbeitete ein Zusteller im April vergangenen Jahres durchschnittlich 15 Stunden, an mehreren Tagen bis zu 17 Stunden – und er legte dafür bis zu 370 Kilometer täglich zurück. Netto habe er in diesem Monat circa 5,20 Euro pro Stunde verdient. Wie der "Standard" berichtete, beschwerten sich die Zusteller über zu lange Arbeitszeiten ohne Pausen, unbezahlte Überstunden, ausstehende Gehälter, Lohndumping und Sozialbetrug sowie dubiose Vertragskonstrukte.
Stelle ein Zusteller ein Paket falsch oder zu spät zu oder halte sein Auto nicht sauber, müsse er 50 Euro Strafe zahlen. Besonders teuer werde es, berichtete der ORF, wenn ein Zusteller innerhalb von 6 Monaten kündige. Dann müsse er für die Einschulung 1000 Euro bezahlen.
DPD weist Vorwürfe "strikt zurück"
Es deuteten viele Indizien darauf hin, dass DPD von den Zuständen weiß, berichtet der "Standard". Wie in der Branche üblich, arbeite auch DPD mit Transportpartnern zusammen, erklärt der Paketdienstleister indes. Die Vorwürfe könne man "nicht nachvollziehen" und weise diese "strikt zurück". "Eine faire und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit all unseren Geschäftspartner:innen ist uns äußerst wichtig. Wir achten sehr genau auf die Einhaltung aller geltenden gesetzlichen Vorschriften und prüfen diese sowohl regelmäßig als auch engmaschig durch interne und externe Spezialisten", bekräftigt DPD.
"Wie alle anderen Paketlogistiker auch, arbeiten wir mit Transportpartnern zusammen. Sie übernehmen die Zustellung der Pakete in bestimmten Gebieten und sind sowohl organisatorisch als auch wirtschaftlich eigenständige Logistikunternehmen, denen neben der Auslieferung der Pakete, auch die gesamte Tourendisposition (Toureneinteilung Zusteller:innen) obliegt", merkte Gebrüder Weiss Paketdienst als DPD-Gesellschafter und Betreiber dieses Depots auf Anfrage der APA an.
Gewerkschaft: Vorwürfe seit Jahren bekannt
Die Gewerkschaft Vida bestätigte die Vorwürfe gegenüber dem ORF Steiermark. Die katastrophalen Zustände seien seit drei bis vier Jahren bekannt, sagte Gewerkschafter Hans-Peter Wikel. In der Regel handle es sich um Einzelunternehmer, die als Subunternehmer ausliefern. Meist handle es sich um ausländische Arbeitskräfte mit geringen Sprachkenntnissen, die nicht wüssten, welche Verträge sie unterschreiben.
Diese Zusteller seien oft bei der Krankenkasse nicht angemeldet und daher auch nicht versichert. Rechtlich seien diese Vereinbarungen zulässig. Moralisch bedenklich sei es. Daher fordere die Gewerkschaft zu besseren Rahmenbedingungen und strengere Kontrollen auf.
Haftung des Hauptauftraggebers gefordert
SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch schließt sich der Forderung nach einer Haftung des Hauptauftraggebers für alle Subunternehmen an. "Eine weitere Nachschärfung der Lohn- und Sozialdumpinggesetze gerade auch in Zusammenhang mit der Scheinselbstständigkeit ist jedenfalls dringend erforderlich, wie der aktuelle Fall beim DPD-Verteilzentrum Kalsdorf drastisch vor Augen führt", betonte Muchitsch am Freitag in einer Aussendung.