Zwei Drittel der Bevölkerung sprechen sich für eine Vermögenssteuer aus. Auch die Erhöhung der Steuern auf Unternehmensgewinne wird von 55 Prozent der Menschen gewünscht. Grundsätzlich sind sieben von zehn Menschen im Land der Meinung, dass Einkommen und Vermögen ungerecht verteilt sind, wie eine Sora-Studie im Auftrag des arbeitnehmervertretungsnahen Momentum Instituts ergab. Drei Viertel der Menschen finden, dass das politische System nicht funktioniert.

Mit dieser Befragung wolle man auf "eines der relevantesten Probleme unserer Zeit, dem sich zuspitzenden Auseinanderklaffen von Arm und Reich" aufmerksam machen, betonte Betriebswirtschaftslehre-Professor Leonhard Dobusch vom Momentum Institut bei der Präsentation der Studie am Dienstag. Erhoben wurden für die Studie die Einstellungen von 2000 Menschen ab 16 Jahren mit Hauptwohnsitz in Österreich. Die Befragung mittels standardisiertem Fragebogen fand im Zeitraum Juli bis September 2022 statt.

Mit rund 70 Prozent ist die überwiegende Mehrheit der Menschen der Meinung, dass Einkommen und Vermögen in Österreich ungerecht verteilt sind. Auffallend sei, so Dobusch, dass sich diese Haltung durch alle Klassen ziehe. So finden auch 67 Prozent der "obersten Klasse", also jenen zehn Prozent mit dem höchsten Einkommen, die Vermögensverteilung und 58 Prozent der "reichsten zehn Prozent" die Einkommensverteilung ungerecht.

Unzufrieden mit der Politik

Wer die Einkommens- und Vermögensverteilung als ungerecht ansieht, zweifle auch häufiger am politischen System allgemein, so Dobusch. So empfinden nur 22 Prozent, dass das politische System in Österreich funktioniere. "Die Überzeugung, dass Einkommen und Vermögen in Österreich ungerecht verteilt sind, teilen Menschen über alle Klassen hinweg. Eine Politik, die dieses Verteilungsproblem ignoriert, untergräbt damit letztlich auch die Legitimation unserer Demokratie", sagte Dobusch.

Abgefragt wurde auch die Bewertung konkreter politischer Maßnahmen. So spricht sich mit jeweils 80 Prozent eine deutliche Mehrheit für eine Senkung der Steuer auf Lebensmittel und für Steuersenkungen für Beschäftigte aus. Knapp die Hälfte der Menschen halten die Einführung einer Erbschaftssteuer sowie klimabezogener Steuern für gut. Auch in der Steuerpolitik zeige sich klassenübergreifende Übereinstimmung, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, betonte Dobusch: Die unteren 90 Prozent stimmen häufiger als die oberen zehn für Steuersenkungen auf Lebensmittel und Steuererhöhungen auf Unternehmensgewinne.

Das Wunschprogramm

Neun von zehn Menschen sind außerdem für Lohnerhöhungen in Branchen mit niedriger Bezahlung und für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in besonders anstrengenden Berufen. Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit halten rund 70 Prozent mehr Geld für Umschulungen für das richtige Mittel. Ebenso sind aber auch 62 Prozent für strengere Bestimmungen für arbeitslose Menschen, damit diese schneller eine Arbeit annehmen müssen. Für eine dauerhafte Erhöhung des Arbeitslosengeldes sprechen sich hingegen nur 26 Prozent der obersten und 34 Prozent der untersten Klasse aus.

Vier von fünf Menschen befürworten Richtlinien und Angebote für Unternehmen, damit Ältere bis zur Pension gesund arbeiten können. Für strengere Bestimmungen, damit Menschen tatsächlich bis zum gesetzlichen Pensionsantritt arbeiten, sind deutlich weniger: 39 Prozent der obersten zehn Prozent, 23 Prozent der unteren 50 Prozent. Einig sind sich alle Einkommensschichten darüber, dass es Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungschancen für Kinder mit schlechteren Startbedingungen, mehr finanzielle Leistungen für Familien und besseren Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Armut brauche.