Die Ökonomen von Wifo und IHS waren sich bei der Präsentation ihrer Frühjahrsprognosen am Donnerstag weitgehend einig: Die in Österreich seit Monaten klar über dem Schnitt der Euro-Zone liegende Inflationsrate gebe Grund zur Sorge. In Deutschland ist die Inflation im März deutlich gesunken und hält jetzt bei 7,4 Prozent, in der Euro-Zone liegt sie bei 6,9 Prozent. In Österreich zeigt die Statistik Austria in ihrer Schnellschätzung am Freitag ebenfalls einen Rückgang für März an: Mit 9,1 Prozent liegt die Inflationsrate in Österreich dennoch deutlich höher als im Nachbarland. Im Vergleich zum Februar mit 10,9 Prozent ist aber ein Abschwächen registriert worden. Österreich liegt damit dennoch um zwei Prozentpunkte höher als der Schnitt der Eurozonen-Länder.
Niedrigster Wert seit Juni 2022
„Im März 2023 ist die Inflation wieder deutlich unter die 10-Prozent-Marke gefallen: Nach 10,9 Prozent im Februar und 11,2 Prozent im Jänner ist die Teuerung im März einer ersten Schätzung zufolge auf 9,1 Prozent zurückgegangen – und damit auf den niedrigsten Wert seit Juni 2022. Beigetragen haben vor allem Treibstoffe und Heizöl, deren Preise zu Beginn des Ukraine-Kriegs massiv gestiegen waren, seitdem aber wieder gesunken sind und im Jahresvergleich nun inflationsdämpfend wirken. Auch bei den Nahrungsmitteln schwächt sich der Preisauftrieb ab“, so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.
"Alles tun, dass es zu nachhaltiger Trendumkehr kommt"
Finanzminister Magnus Brunner sieht im Rückgang der Inflationsrate um fast zwei Prozentpunkte auf den niedrigsten Wert seit Juni 2022 eine "sehr erfreuliche" Entwicklung. Er betont aber auch: "Gleichzeitig zeigt sich, dass die Inflation weiterhin noch hoch bleibt. Politik und Verantwortungsträger müssen daher alles tun, dass es zu einer nachhaltigen Trendumkehr kommt und bei allen Maßnahmen die Wirkung auf die Inflation noch stärker als bereits bisher berücksichtigen."
"Preisdynamik ist viel zu hoch"
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sieht dringenden Handlungsbedarf bei Regierung und Sozialpartnern, um die Inflation zu bekämpfen. IHS-Direktor Klaus Neusser wünscht sich "mehr Treffsicherheit" bei Maßnahmen der Regierung. "Die Preisdynamik ist viel zu hoch. Das macht mir Sorgen", so Felbermayr. Im Vergleich zu Deutschland und dem Eurozonen-Schnitt werde die erwartete Inflationsrate in Österreich heuer um 1 bzw. 2 Prozentpunkte höher sein. Wenn dieser Abstand mehrere Jahre bestehe, dann habe dies Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit und drücke auf das Wachstum. Von der Regierung wünscht sich der Wifo-Chef eine Strategie zur Teuerungsbekämpfung. Kritik übte er erneut daran, dass keine Mietpreisbremse eingeführt wurde. Felbermayr richtete einen Appell an die Sozialpartner im Hinblick auf die Gehalts- und Lohnverhandlungen und die Preispolitik: "Es muss auf beiden Seiten Mäßigung eintreten."
Der Basiseffekt
Angeschoben wurde die Inflation lange Zeit vor allem von hohen Energie- und Lebensmittelpreisen. Inzwischen erfassen Preissteigerungen immer weitere Teile des täglichen Lebens. Die hohe Inflation in der Euro-Zone hat sich im März deutlich abgeschwächt. Die Verbraucherpreise erhöhten sich gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,9 Prozent, teilte das Statistikamt Eurostat am Freitag in Luxemburg nach einer ersten Schätzung mit. Im Monatsvergleich stiegen die Preise um 0,9 Prozent. Hier war ein Anstieg um 1,1 Prozent erwartet worden.
Die Kernjahresinflationsrate, bei der schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel herausgerechnet werden, stieg auf 5,7 Prozent. Das ist ein Rekordniveau. Im Februar war sie noch bei 5,6 Prozent gelegen. Der Anstieg war so erwartet worden.
Gedrückt wird die Inflationsrate durch die Energiepreise. Sie sind im März im Jahresvergleich sogar um 0,9 Prozent gesunken. Im Februar waren sie noch um 13,7 Prozent gestiegen. Getrieben wird die Gesamtinflation mittlerweile durch gestiegene Preise für Lebens- und Genussmittel.
Höhepunkt in Deutschland wohl überschritten
Nach Einschätzung von Volkswirten dürfte die Inflation in Deutschland, Europas größter Volkswirtschaft, den Höhepunkt mittlerweile überschritten haben. Mit einer durchgreifenden Entspannung bei den Preisen rechnen sie im laufenden Jahr jedoch nicht. Erstmals seit vergangenem August lag die Inflationsrate im März damit aber wieder einmal unter der Acht-Prozent-Marke. Damals waren 7 Prozent gemessen worden.
Kerninflation bleibt hoch
In Spanien ging die Inflationsrate von 6,0 Prozent im Vormonat auf 3,1 Prozent im März deutlich zurück. Ausschlaggebend für den kräftigen Rückgang ist aber vor allem auch ein statistischer Effekt, da die mittlerweile deutlich gesunkenen Energiepreise mit dem hohen Niveau aus dem Vorjahr verglichen werden.
Nach niedrigeren Inflationsraten in Deutschland und Spanien ist auch in Frankreich der Preisauftrieb kräftig zurückgegangen. Wie das Statistikamt Insee am Freitag in Paris mitteilte, fiel die Teuerungsrate von 6,3 Prozent im Februar auf 5,6 Prozent im März.
Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt eine Inflation von 2 Prozent als Optimalwert für die Wirtschaft im Euroraum an. Bei der letzten Sitzung Mitte März hob die EZB die Zinsen erneut kräftig an. Es war bereits die sechste Zinserhöhung in Folge seit der Zinswende im Juli 2022. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, stieg auf 3,00 Prozent. Der Leitzins erhöhte sich auf 3,50 Prozent.