Am Dienstagabend haben die Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten zu einer Demonstration gegen die Konferenz aufgerufen, zu der über 1000 Personen kamen. Seitens der Polizei gab es keine offiziellen Zahlen, die Veranstalter sprachen von 5000 Teilnehmern. Die Route des Demozuges verlief vom Stephansplatz über die Rotenturmstraße und endete nach 21 Uhr am Karlsplatz.
Umweltaktivisten haben bereits Dienstagfrüh in der Wiener Innenstadt erneut gegen die Gas-Konferenz im Marriott-Hotel protestiert. So gab es Aktionen bei der OMV in Schwechat und in der Wiener City beim Veranstaltungsort selbst. Am Vormittag gaben internationale Aktivisten zudem eine Pressekonferenz gegen die Konferenz.
Ein Sprecher der Landespolizeidirektion Niederösterreich berichtete von zwei Festnahmen. Einige Teilnehmer hatten sich laut Polizei bei der Zufahrt zum OMV-Gelände festgeklebt. Der Protest wurde vom internationalen Bündnis "BlockGas" organisiert. Die Polizei stand im Großeinsatz. Die Kundgebungsteilnehmerinnen und -teilnehmer würden nicht entfernt, teilte die Exekutive mit. Man bleibe so lange am Ort des Geschehens, wie die Protestierenden selbst. Nur so könne man kritische Infrastruktur schützen. Am späteren Nachmittag zogen sich die Teilnehmer laut "BlockGas" vom OMV-Areal zurück. Sie begaben sich für die um 17.30 Uhr in Wien angesetzte Demonstration in die Bundeshauptstadt.
143 Personen festgenommen
Indes hat die Polizei im Zusammenhang mit der am Montag erfolgten Auflösung einer nicht genehmigten Versammlung im Kreuzungsbereich Johannesgasse/Kantgasse - unweit des Tagungsorts im Marriott - 142 Personen wegen Verdachts auf schwere gemeinschaftliche Gewalt angezeigt. Eine weitere Person wurde wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zur Anzeige gebracht. Das teilte die Pressestelle der Landespolizeidirektion am späten Dienstagnachmittag auf APA-Anfrage mit. Die Aktivistinnen und Aktivisten hätten versucht, gewaltsam zum abgesperrten Hotel vorzudringen, wobei sich einige von einer Baustelle Steinen und anderes Material besorgt haben sollen, hieß es. Die Polizei hatte die Versammlung mittels Einsatzes von kanisterweise versprühtem Pfefferspray aufgelöst, was Amnesty International und die Grünen als unverhältnismäßig kritisierten. "Auch bei Demonstrationen muss gesichert sein, dass diese nicht durch Willkür verhindert oder aufgelöst werden", meinte die Sprecherin der Grünen für Menschenrechte und Migration, Ewa Ernst-Dziedzic, am Dienstag in einer Aussendung.
Die Polizei hatte die 143 Personen festgenommen, weil diese ihre Identität nicht preisgeben wollten. Einige wenige von ihnen befanden sich am Dienstagnachmittag noch in Gewahrsam im Polizeianhaltezentrum (PAZ). "Die Feststellung der Identitäten braucht einige Zeit, das muss einfach der Reihe nach abgearbeitet werden", erläuterte ein Sprecher der Landespolizeidirektion. Sobald die Identität geklärt ist, dürfe jeder nach Hause gehen: "Die Nacht wird keiner im PAZ verbringen." Es wird demnach ausnahmslos Freifuß-Anzeigen geben, U-Haft-Anträge sind damit kein Thema.
Kritik am "Lobbying-Treffen"
In Wien hatten am Dienstagmorgen Aktivistinnen und Aktivisten von Greenpeace vor der Fassade des Marriott-Hotels ein Banner mit der Aufschrift "End Fossil Crimes!" ("Stoppt fossile Verbrechen!") gehisst. Die Protestierenden hatten zuvor Zimmer angemietet und sich an der Fassade abgeseilt. Während der Aktion verhandelten Beamte mit Vertretern der Umweltorganisation. Das Transparent wurde gegen 10.00 Uhr wieder eingerollt. Nach Angaben von Greenpeace waren an der Kletteraktion selbst elf Aktivisten beteiligt, vor dem Hotel demonstrierten zudem rund 40 Menschen. Für den Protest installierten die Umweltschützer auch ein Fake-Wlan: Wer sich in dieses einloggte, bekam die Greenpeace-Seite "End Fossil Crimes" auf seinem Handy zu sehen. Polizeisprecher Daniel Fürst sprach von einer relativ ruhigen Atmosphäre der Aktion, anders als am Vortag.
Auch in Österreich schreite die Suche nach fossilem Gas ungebremst voran, so Greenpeace. Sowohl die OMV als auch der australische Konzern ADX Energy würden weiter in den klimaschädlichen Energieträger in Österreich investieren wollen. "Die österreichische Bundesregierung muss jetzt als Vorreiter auftreten, und ein Gesetz veranlassen, das diesen fossilen Verbrechen ein Ende setzt", forderte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin der Umweltorganisation im APA-Gespräch.
Erneute Kritik an dem Lobbying-Treffen kam am Dienstag auch von Vertretern internationaler Klimaschutz-Gruppen. Der Globale Norden, missbrauche den afrikanischen Kontinent als Tankstelle, sagte Dean Bhekumuzi Bhebhe von "Don't Gas Africa" bei einer Pressekonferenz in Wien. Auch im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg in der Ukraine wurde auf der Pressekonferenz ein Ende "des schmutzigen Geschäfts mit dem Gas gefordert", so eine ukrainische Aktivistin. "Die Gaskonzerne interessieren sich nicht für unsere Sicherheit, Gesundheit oder unser Wohlergehen", sagte sie. Ein Sprecher von Attac Österreich trat auf dem Medientermin für eine "Demokratisierung des Gassystems ein". Energiekonzerne müssten mittels Vergesellschaftung zu öffentlichen Unternehmen gemacht werden. Die deutsche Sprecherin von "Fridays for Future", Luisa Neubauer, nahm in einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur speziell die österreichische Politik in die Pflicht. Gerade hierzulande, wenn Hänge für Skigebiete wie heuer aufgrund von Schneemangel grün blieben, werde der Klimawandel deutlich. Doch anstatt erneuerbare Energie voranzutreiben, fehle der Politik der Mut zum Handeln. "Ich war zuletzt auch völlig erstaunt, wie sehr der Ausbau von Windkraft hierzulande stagniert", sagte Neubauer.
Innenministerium weist Kritik zurück
Unterdessen wies das Innenministerium Kritik von Amnesty International (AI) und Aktivistinnen und Aktivisten zu dem Polizeieinsatz am Montag gegen eine Demonstration im Umfeld des Marriott zurück. Bei dieser sei es zu Angriffen der Demonstranten auf die Polizistinnen und Polizisten gekommen. Dabei seien zwei Beamte verletzt worden. "Der Einsatz von Pfefferspray erfolgte nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit", rechtfertigte sich das Ministerium. Amnesty International hatte kritisiert, die Polizei habe Demonstrierende eingekesselt, sei "sehr aggressiv" vorgegangen und habe "unverhältnismäßig Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt", so die Menschenrechtsorganisation am Montag.