Wer ein als umweltfreundlich beworbenes Produkt kauft, soll künftig sicher sein können, dass es das auch wirklich ist. Die EU-Kommission will mit neuen Regeln zu grünen Werbeversprechen Verbrauchern zuverlässige Informationen zur Nachhaltigkeit bieten. Wie aus einem am Mittwoch vorgelegten Gesetzesvorschlag hervorgeht, sollen Unternehmen bei Angaben etwa zur Klimafreundlichkeit oder Nachhaltigkeit ihrer Waren Mindeststandards einhalten müssen.
Damit geht die Kommission gegen sogenanntes Greenwashing vor – dabei vermarkten Firmen Produkte oder Dienstleistungen als umwelt- oder klimafreundlich, obwohl sie es vielleicht gar nicht sind. Bevor die neuen Regeln in Kraft treten können, müssen noch das Europäische Parlament und die EU-Staaten darüber verhandeln.
"Grüne Behauptungen sind überall"
"Grüne Behauptungen sind überall", sagte Kommissionsvize Frans Timmermans. "Meeresfreundliche T-Shirts, kohlenstoffneutrale Bananen, bienenfreundliche Säfte, 100 Prozent CO₂-kompensierte Lieferungen und so weiter. Leider werden diese Behauptungen viel zu oft ohne jeden Beweis und ohne jede Rechtfertigung aufgestellt."
Werde der Vorschlag umgesetzt, bekämen Verbraucher Gewissheit, "dass etwas, das als grün verkauft wird, auch wirklich grün ist", erklärte Timmermans. Dabei geht es nicht um Pflichtangaben, sondern um freiwillige Aussagen von Unternehmen. Einer Studie der EU-Behörde von 2020 zufolge war mehr als die Hälfte der Angaben über die Klimafreundlichkeit von Waren vage, irreführend oder unbegründet.
"Bereit, grüner zu kaufen"
Die Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten steige in der EU deutlich an, sagte Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius. Die Europäer seien also bereit, grüner zu kaufen – um sicherzugehen, dass ein gekauftes Produkt weniger oder gar keine schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt habe. Dem Vorschlag zufolge sollen entsprechende Angaben künftig unabhängig geprüft und wissenschaftlich belegt werden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Analyse sollen die Unternehmen weiterhin die Umweltauswirkungen ermitteln, die für das Produkt tatsächlich relevant sind.
Auch die Umweltlabels an sich möchte die Kommission angehen. Derzeit gebe es mindestens 230 verschiedene Kennzeichnungen – das führe zu Verwirrung und Misstrauen bei den Verbrauchern, hieß es. Neue öffentliche Kennzeichnungssysteme sollen daher nicht mehr zugelassen werden – es sei denn, sie entstehen auf EU-Ebene. Alle neuen privaten Labels müssten höhere Umweltziele als bisher vorweisen. Generell müssten sie verlässlich und transparent sein sowie regelmäßig unabhängig geprüft werden, forderte die Behörde.
Wer profitieren soll
Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, sagte, es sei sehr wichtig, "dass man, wenn man behauptet, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung umweltfreundlich ist, das auch belegen kann". Verbraucher müssten wirklich umwelt- und klimafreundliche Produkte leicht erkennen können und sicher sein, dass diese Behauptungen auch wahr sind. Die Harmonisierung der grünen Labels werde zudem denjenigen Unternehmen zugutekommen, die auf dem richtigen Weg seien.
Auch aus Sicht der Kommission können diejenigen Firmen profitieren, die sich wirklich um die ökologische Nachhaltigkeit ihrer Produkte bemühen: Anstatt unfairem Wettbewerb ausgesetzt zu sein, würden sie mit den neuen Regeln leichter von den Verbrauchern erkannt.
Aussagen sollen verlässlich sein
Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke begrüßte den Vorschlag der Kommission. "Die heute vorgestellte Initiative ist ein weiterer Baustein, um Klarheit bei den vielen Labels zu schaffen", sagte die Grünen-Politikerin laut Mitteilung. Wichtig sei, dass Aussagen verlässlich sind und dass wissenschaftliche Methoden die Grundlage bilden.
Für die Umweltschutzorganisation WWF greift der Kommissionsvorschlag allerdings noch zu kurz. "Wesentliche Aspekte wie Biodiversität und Bodengesundheit bleiben in den derzeit vorgeschlagenen Methoden außen vor", kritisierte Maja-Catrin Riecher, Referentin für nachhaltige Agrarrohstoffe. Zudem gebe es noch einen zu großen Spielraum für Verbrauchertäuschung durch Klimaneutralitätslabels. Perspektivisch sei anstelle einer Regulierung rein umweltbezogener Werbung ein umfassenderes Nachhaltigkeitslabel nötig, das zum Beispiel auch soziale und gesundheitliche Aspekte umfasse.