Der Grazer Technologiekonzern AVL List hat nach einem Umsatzeinbruch 2020 und 2021 in Folge der Corona-Pandemie das Jahr 2022 mit 1,86 Milliarden Euro Umsatz abgeschlossen und damit im Vergleich zu 2021 (1,58 Mrd. Euro) um 18 Prozent zugelegt. "Die Erholung setzte schon 2021 ein, den Umsatz haben wir dann 2022 eingefahren", schilderte CEO Helmut List im Bilanz-Gespräch. Der Personalstand in Österreich ist wieder auf rund 4.000 angewachsen.
"Das Wachstum war im Bereich der neuen Technologien besonders stark ", erklärte List. "Wir hatten schon 2021 einen hohen Auftragseingang, der uns dann 2022 den starken Umsatz eingebracht hat - und das trotz Komponentenengpässen. Das hat uns schon getroffen und einige Herausforderungen verursacht." Problematisch war 2021 auch, dass viele "Märkte nicht aktiv oder nicht bereisbar waren", wie etwa Teile von Asien und die USA, so List.
Elf Prozent Forschung
AVL hat weltweit an mehr als 90 Standorten insgesamt rund 11.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch die Kunden sind auf der ganzen Welt zu finden. Rund elf Prozent des Umsatzes fließen in Forschung und Entwicklung. "Die eingesetzten Forschungsmittel haben wir in den vergangenen zwei bis drei Jahren auch weitgehend aufrecht erhalten. Das war und ist mit ein Grund für das starke Wachstum 2022", sagte List. Besonders kräftig legten die Bereiche neue und nachhaltige Technologien zu: "Rechnet man autonomes Fahren auch noch dazu, sind es 60 Prozent des Umsatzes", so CEO Helmut List. AVL habe bereits im Jahr 2021 fast 50 Prozent des Umsatzes ESG-konform erwirtschaftet. ("Environment, Social, Governance", auf Deutsch: Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung, Anm.).
Einen gewichtigen Beitrag leisten zahlreiche Investitionen vor allem am Hauptsitz in Graz: 2021 wurde ein "Battery Innovation Center" (BIC), 2022 ein Testzentrum für Brennstoffzellen eröffnet. In Bau befindet sich die voraussichtlich effizienteste Power-to-Liquid-Anlage Europas. Auch in ein Fahrzeugentwicklungs- und Testgelände in Ungarn mit der Möglichkeit zur Erprobung von Fahrerassistenzsystemen in realer Umgebung wurde investiert. "Wir decken diese neuen Technologien gut ab und können auch genau beurteilen, was wo einsetzbar ist", sagte List. Bei Nutzfahrzeugen werde etwa der Verbrennungsmotor weiter gefragt sein - allerdings in Richtung Brennstoffzellen und Wasserstoffmotor. Für Pkw dagegen sei die batterieelektrische Lösung im Vordergrund. "Da treiben wir die Forschung an besseren Batterien und Batterie-Packs voran."
Hohe Energiekosten
Die neuen Herausforderungen seien nun die hohen Energiekosten sowie die Inflation: "Der Schlüssel ist, die Preise rechtzeitig zu erhöhen", so List. Das habe AVL seiner Ansicht nach frühzeitig gemacht. Beim Stichwort Russland hatte es in den vergangenen Monaten Turbulenzen gegeben. AVL landete auf einer "Liste der Schande" der Yale University, weil man noch in Russland tätig sei. Das erhaltene Ranking sei nun Anfang 2023 revidiert worden, so List. AVL habe alle Geschäftsaktivitäten in Russland eingestellt und die Veräußerung aller Vermögenswerte eingeleitet.
Angesprochen auf die Debatte um Teilzeit-Kräfte und Vier-Tage-Woche meinte List, dass letztere in großem Umfang äußerst schwierig für die AVL machbar wäre, man müsse für die weltweiten Kunden schließlich erreichbar sein. "Wir spüren dahingehend aber auch keinen großen Druck im Unternehmen. Einzellösungen gibt es natürlich immer." Generell sei die Teilzeitquote bei AVL sehr gering.
AVL feiert 2023 sein 75-jähriges Bestehen und der langjährige CEO List will die Geschicke des Konzerns seinen eigenen Angaben zufolge gerne noch länger leiten.