Die europäischen Börsen haben eine turbulente Börsenwoche, geprägt von schweren Verlusten im Finanzsektor, mit klaren Abgaben beendet. Probleme am internationalen Bankensektor hatten für eine tiefrote Börsenwoche gesorgt. Die Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank (SVB) hatte die Krise eingeleitet, danach kam die Credit Suisse in die Schlagzeilen und zuletzt geriet die US-Regionalbank First Republic in Schieflage.
Dabei hatten am Vormittag noch Meldungen über Finanzhilfen an die First Republic gestützt, im weiteren Verlauf brachte allerdings Kritik an der Höhe der Finanzspritze Gegenwind. So dürften die für die First Republic Bank aufgebrachten 30 Milliarden US-Dollar laut einigen Investoren nicht ausreichen. Überdies monierte man die Ertragskraft des Finanzinstituts. Im Sog dieser Neuigkeiten rutschten auch die Aktien der Credit Suisse wieder tief in die Verlustzone.
Der Euro-Stoxx-50 reduzierte sich am Berichtstag um 1,26 Prozent auf 4.064,99 Einheiten. Der DAX in Frankfurt verringerte sich um 1,33 Prozent auf 14.768,20 Zähler. Der FTSE-100 in London verlor 1,01 Prozent auf 7.335,40 Punkte.
Angesichts der erneut negativ aufgenommenen Nachrichten aus dem US-Finanzsektor zeigten sich Geldhäuser am Freitag erneut mit Abgaben. Banco Santander, ING Groep, BBVA, und UniCredit verzeichneten im Euro-Stoxx-50 Verluste zwischen 3,5 und 4,7 Prozent. Credit Suisse, die am Vortag noch starke Stabilisierungsgewinne verzeichnet hatten, brachen erneut ein - und zwar um acht Prozent.
Erholungsbewegung hielt nicht lange
Auch die Wiener Börse hat am Freitag mit Kursverlusten geschlossen und damit an die jüngsten Abschläge angeknüpft. Zunächst startete der heimische Markt noch mit einer kräftigen Erholungsbewegung in den Handel, doch die Verlaufsgewinne brauchten sich bis zum Nachmittag auf und schließlich wechselten die Vorzeichen.
Beschleunigt wurde die Abwärtsbewegung beim ATX-Verfall zu Mittag. Am großen Verfallstag laufen an den Terminbörsen Futures und Optionen auf Indizes und einzelne Aktien aus, in der Schlussauktion gab es dann keine größeren Kursausschläge mehr. Der ATX schloss um 0,73 Prozent schwächer auf 3.124,59 Einheiten. Über die gesamte Handelswoche gesehen verbuchte der ATX damit ein Minus von 9,3 Prozent.
Heimische Bankaktien, am Vormittag noch kräftig im Plus, schlossen einheitlich schwächer. Erste Group verloren rund ein Prozent, Bawag büßten 1,3 Prozent ein und Raiffeisen Bank International fielen um 1,4 Prozent. Auch die Ölwerte der OMV konnten sich dem negativen Markttrend nicht entziehen und beendeten die Sitzung um 0,7 Prozent tiefer, während Branchenkollege Schoeller-Bleckmann ein schmales Plus von 0,2 Prozent ins Wochenende retten konnten.
Neuerliche Verluste auch an den US-Börsen
Die US-Börsen haben am Freitag mit Verlusten geschlossen. Belastet wurden die Märkte weiter von den anhaltenden Sorgen um den US-Bankensektor. Der Dow Jones fiel um 1,19 Prozent auf 31.861,98 Punkte. Der S&P-500 büßte 1,10 Prozent auf 3.916,64 Zähler ein. Der Nasdaq Composite verlor 0,74 Prozent auf 11.630,51 Punkte.
Wie verunsichert die Anleger trotz aller Maßnahmen zur Eindämmung der Krise der US-Regionalbanken bleiben, zeigte der neuerliche Kurssturz der First Republic Bank um fast ein Drittel. Die Stabilisierung vom Donnerstag dank einer milliardenschweren Unterstützung durch die größten US-Geldhäuser erwies sich damit als Strohfeuer. Zudem beantragte mit SVB Financial der Mutterkonzern der Silicon Valley Bank - Auslöser der aktuellen Krise - Gläubigerschutz nach dem "Chapter 11" des US-Insolvenzrechts.
Unter Druck kamen vor diesem Hintergrund auch viele andere Bankwerte. So zählten Goldman Sachs (minus 3,7 Prozent) und JP Morgan Chase (minus 3,8 Prozent) zu den größten Verlierern im Dow Jones.
Fokus auf Notenbanken
Mit Spannung blicken nun alle auf die weitere Vorgehensweise der Notenbanken. Die EZB hatte gestern den Leitzins um 50 Basispunkte angehoben, aber sich nicht auf weitere Zinserhöhungen festgelegt. Die EZB-Bankenaufsicht hat am Freitag auf einer Sondersitzung über die Lage der Bankenbranche nach den jüngsten Turbulenzen beraten. Laut einer mit den Beratungen vertrauten Person, geht es bei dem Treffen darum, die Liquiditätslage im Bankensektor der Eurozone zu überwachen.
In der nächsten Woche steht die nächste Zinsentscheidung der US Notenbank Fed an. "Die US-Währungshüter dürften u.E. aber nur dann von einer Zinserhöhung abrücken, falls sie eine beträchtliche Wahrscheinlichkeit sehen, dass die aktuellen Verwerfungen Ausdruck eines systemischen Problems im Finanzsektor sind. Solange dies nicht der Fall ist, sollten die fundamentalen Rahmenbedingungen den Ausschlag für die Zinsentscheidung geben", lautet die Einschätzung der LBBW.
Euro mit Kursausschlägen
Der Euro hat am Freitag vorübergehende Gewinne wieder abgegeben. Am späten Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,0639 US-Dollar. Er notierte damit auf dem Niveau aus dem frühen Handel. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0623 (Donnerstag: 1,0595) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9414 (0,9438) Euro.
Der Euro hat eine Woche mit starken Kursausschlägen hinter sich. Für hektisches Auf und Ab sorgten die Bankenturbulenzen in den USA und Europa. Stark belastet wurde die Gemeinschaftswährung zur Wochenmitte, als neue Probleme der Schweizer Großbank Credit Suisse bekannt wurden und Sorgen um die europäischen Geldhäuser aufkamen. Die Krise der Regionalbanken in den USA dürfte das Geschehen weiter dominieren.