Die Wiener Börse hat am Montag vor dem Hintergrund der kursierenden Sorgen um den US-Bankensektor mit starken Verlusten geschlossen. Der ATX büßte 4,08 Prozent auf 3.305,33 Punkte ein. Der breiter gefasste ATX Prime fiel um 3,9 Prozent auf 1.667,50 Zähler. Auch an anderen Börsen ging es stark nach unten. So verloren der DAX und der Euro-Stoxx-50 jeweils rund drei Prozent. Für den Bankensektor ging es in der Folge europaweit erneut steil abwärts, der Sektorindex brach um 5,8 Prozent auf den tiefsten Stand seit Anfang Jänner ein. Im DAX waren die Papiere der Commerzbank Schlusslicht mit einem Minus von 12,7 Prozent. Die Anteile der Deutschen Bank gaben um 4,9 Prozent nach.
Belastet wurde auch der ATX von den Verlusten der Bankwerte. BAWAG verloren 9,0 Prozent, Aktien der Erste Group fielen um 5,5 Prozent und RBI gaben um 3,7 Prozent nach. Banktitel fanden sich europaweit unter den größeren Verlierern. Aber auch Aktien anderer Branchen gaben in Wien stark nach. So verloren etwa Andritz 5,8 Prozent, Wienerberger büßten 5,1 Prozent ein.
Leichte Erholung an der Wall Street
Die New Yorker Aktienbörsen haben den Handel am Montag unterdessen mit uneinheitlicher Tendenz beendet. Der Dow Jones schloss bei 31.819,14 Punkten und einem Abschlag von 0,28 Prozent. Der S&P-500 gab um 0,15 Prozent auf 3.855,76 Zähler nach. Der technologielastige Nasdaq Composite gewann 0,45 Prozent auf 11.188,84 Einheiten. Damit hat sich der Handel zum Wochenauftakt zunächst einmal leicht erholt, auch wenn im Zuge der US-Bankenkrise Finanztitel weiterhin auf den Verkaufslisten der Anleger standen. Die Aktien der Großbanken JPMorgan und Goldman Sachs hielten sich dabei vergleichsweise gut, auch wenn sie mit Verlusten von 1,8 beziehungsweise 3,7 Prozent zu den schwächeren Werten im Dow Jones gehörten. Für andere Bankentitel ging es hingegen weiter deutlich bergab: Bank of America verloren 5,8 Prozent, Citigroup und Wells Fargo büßten über sieben Prozent ein.
US-Regierung schreitet ein
Nach der Schieflage des US-Start-up-Finanzierers Silicon Valley Bank (SVB) und einer weiteren Bank aus New York ist die US-Regierung eingeschritten und hat eine Absicherung aller Einlagen bei den Geldhäusern angekündigt. "Die Amerikaner können sich darauf verlassen, dass das Bankensystem sicher ist", sagte Biden bei einer kurzen Ansprache am Montag in Washington.
Kunden, die ihr Geld bei den über das Wochenende geschlossenen Geldhäusern Silicon Valley Bank und Signature Bank angelegt hatten, seien geschützt und hätten ab heute Zugang zu ihren Ersparnissen, sagte Biden. Das gelte auch für kleine Betriebe.
Die Investoren, die hinter den Banken stehen, müssten ihre Verluste hingegen selbst tragen. Außerdem würden die Manager der unter staatliche Kontrolle gestellten Geldinstitute entlassen, kündigte Biden an. Die Kosten für die Einlagensicherung müssten nicht die Steuerzahler tragen, sagte Biden. Dafür käme ein Einlagensicherungsfonds auf, in den alle Banken einzahlten. Darüber hinaus sollen die Regeln für US-Banken laut Biden verschärft werden. Er wolle den Kongress und die Aufsichtsbehörden darum bitten.
USA: Vollständiger Schutz für Einlagen
Bereits am Sonntagabend hatten US-Finanzministerin Janet Yellen, Notenbankchef Jerome Powell und die US-Einlagensicherung FDIC bekannt gegeben, dass alle Einleger der SVB vollständig geschützt würden. Das US-Bankensystem sei nach wie vor widerstandsfähig und stehe auf soliden Füßen, hieß es in ihrer gemeinsamen Stellungnahme. Bei den nun beschlossenen Schritten handle es sich um wichtige Maßnahmen zum Schutz der US-Wirtschaft, indem das öffentliche Vertrauen in das amerikanische Bankensystem gestärkt werde.
Die US-Notenbank will der Gefahr von "Bank Runs" nun mit einem neuen Kreditprogramm entgegenwirken. Mit einer neu geschaffenen Kreditlinie namens Bank Term Funding Program (BTFP) will die Fed dafür sorgen, dass den Banken auch in Zeiten von Marktstress ausreichend Liquidität zur Verfügung gestellt wird. Ein großflächiger Abzug von Bankeinlagen in einer Art Panikreaktion der Kunden gilt als Super-GAU für das Finanzsystem.
Furcht vor Kreditausfällen
Am Freitag war die auf Start-up-Finanzierung spezialisierte Silicon Valley Bank nach einer gescheiterten Notkapitalerhöhung vorübergehend geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Das hatte weltweit für Unruhe gesorgt. Auch andere Banken gerieten an der Börse erheblich unter Druck. Am Sonntag wurde auch die in New York ansässige Signature Bank geschlossen.
Bei der 1983 gegründeten SVB war es in den vergangenen Tagen im Zuge von Liquiditätssorgen zu immensen Mittelabzügen gekommen. Die Aktien von SVB waren am Freitag nach einem Kursrutsch aufgrund der akuten Notlage vom Handel ausgesetzt worden. Auch andere Banken gerieten an der Börse erheblich unter Druck. Die Furcht vor Kreditausfällen im Bankensektor verstärkte sich wieder. Die Probleme der US-Banken sorgten auch an den europäischen Börsen für Verunsicherung.
Brunner: "Es droht keine Gefahr"
Die Euro-Finanzminister beschwichtigten heute vor einem Treffen die Anleger. "Beruhigt euch", sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire auf die Frage nach seiner Botschaft an die Anleger an den Börsen. Auch der EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte, er sehe für Europa keine "reale Gefahr einer Ansteckung". Die Situation müsse aber natürlich weiter beobachtet werden.
Österreichs Finanzminister Magnus Brunner - derzeit beim EU-Finanzministertreffen in Brüssel - sagte am Montagabend im Interview mit der ZiB2 im ORF, dass es laut Experten keine Auswirkungen auf die europäische Bankenlandschaft gebe, "es droht keine Gefahr", so Brunner, der auch auf Gespräche mit der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission verweist.
Auch österreichische Experten sahen in dem Kollaps der SVB keine größeren Risiken für das europäische Bankensystem. "Die SVB ist ein Spezialinstitut, das sich primär dem Wagniskapital verschrieben hat", sagte Peter Brezinschek am Montag zur APA. Auch Wifo-Fachmann Thomas Url sieht darin ein "lokales, sektorspezifisches Ereignis". "Ich würde die Auswirkungen auf die kontinental-europäische Branche als sehr überschaubar einschätzen", sagte auch Monika Rosen, Börsenexpertin und Vize-Präsidentin der österreichisch-amerikanischen Gesellschaft.