Die Milliardenhilfen der Regierung zunächst in der Corona- und zuletzt in der Energiekrise haben die Staatsschulden in die Höhe getrieben. Der Chef des Fiskalrates, Christoph Badelt, hat am Samstag auf Ö1 im "Journal zu Gast" die Regierung dazu aufgerufen, wieder an die Stabilität der Staatsfinanzen zu denken. Die Regierung solle weniger Geld nach dem Gießkannen-Prinzip verteilen und gleichzeitig endlich Strukturreformen angehen, um die Ausgabendynamik zu bremsen.
Grundsätzlich sei die Regierung bei der Teuerung den richtigen Weg gegangen, indem sie nicht zu sehr versucht habe, direkt die Inflationsrate zu manipulieren. Maßnahmen wie Mehrwertsteuersenkung oder Preislimits bei Benzin hätten die Inflationsproblematik nur nach hinten verschoben, so Badelt. Es sei deshalb richtig, die Folgen der Inflation bei jenen Menschen, die dadurch wirklich in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraden, abzufedern. "Das Problem ist nur, dass wir zu viel mit der Gießkanne gefördert haben", was wiederum inflationssteigernd sei, betonte der oberste Schuldenwächter.
Wohlstandsverlust nicht zu verhindern
Grundsätzlich sei ein Wohlstandsverlust durch die diversen Krisen nicht zu verhindern. "Sie können nur drauf schauen, dass diejenigen, die sie tragen können, sie auch tragen und diejenigen, die sie nicht tragen können, unterstützt werden." Es seien allerdings zuletzt zu viele Förderungen an Menschen gegangen, die ein wenig Wohlstandsverlust auch ausgehalten hätten. "Kurzfristig hätten wir wirklich schon sehr viel gespart, wenn wir nicht zum Teil das Geld beim Fenster hinausgeschmissen hätten. Und das darf einfach nicht wieder vorkommen."
Für jene Menschen, die immer noch nicht genug Hilfe erhalten, um mit den Folgen der Teuerung zurechtzukommen, sollte aus Badelts Sicht allerdings bei individuell zu beantragenden Unterstützungsleistungen wie Heizkosten- oder Wohnkostenzuschuss nachgebessert werden. Eine weitere "Baustelle" sei außerdem die Mindestsicherung in den meisten Bundesländern. Hier müsse sichergestellt werden, dass diese nur an nicht arbeitsfähige Menschen geht, das aber dafür in einer Höhe, dass man wirklich davon leben kann.
Mittelfristig müssten zur Sanierung des Haushalts die Strukturen angegangen werden, plädierte Badelt für Reformen im Gesundheitswesen oder ein gesamtösterreichisches Konzept für Subventionen, um Doppelförderungen zu verhindern. "Das sind Punkte, die sind schon lange bekannt und müssen endlich auch angegangen werden." Die Regierung müsse dafür sorgen, die Staatsfinanzen einigermaßen in Ordnung zu bringen. Er hoffe, dass der Finanzminister hier wieder "ein bisschen mehr auf den Tisch haut".
"Gefährliche gesellschaftspolitische Seite"
Die aktuelle wirtschaftliche Situation hat für Badelt auch eine "doch potenziell gefährliche gesellschaftspolitische Seite": In den populistischen Bewegungen egal welcher Partei werde es üblich, so zu tun, als ob die Regierung nur auf einen Knopf drücken müsste und alles wäre gut. Dieses Thema werde sich wohl noch verschärfen, je knapper das Budget wird. Dazu komme, dass viele Aufgaben wie Pensionen, Gesundheit und Pflege mit der demografischen Entwicklung zusammenhängen "und wir müssen darauf achten, hier eine faire Balance zwischen den Chancen der Jüngeren und der Älteren herzustellen".
In der Debatte um eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, wie sie aktuell von Arbeiterkammer und SPÖ gefordert wird, zeigte Badelt sich zurückhaltend. Er könne dem "nicht sehr viel" abgewinnen, weil ein "generelles Drüberscheren" über die gesetzliche Arbeitszeit nicht klug sei, weil damit alle Branchen gleichbehandelt würden, obwohl sie sehr ungleich seien. Eine Arbeitszeitverkürzung finde ohnehin seit einigen Jahren statt, allerdings auf der Ebene von Kollektiv- und Einzelverträgen.