Die ersten Schnellschätzungen zu den Inflationsraten im Februar haben wohl endgültig sämtliche Restzweifel ausgeräumt: Die Europäische Zentralbank wird am 16. März, bei ihrer nächsten Ratssitzung, die Leitzinsen abermals um 0,5 Prozentpunkte auf dann bereits vier Prozent anheben. Die Teuerung in der Eurozone hat sich zuletzt nur marginal – und damit viel geringer als erhofft – auf 8,5 Prozent verringert. In Österreich liegt sie mit elf Prozent noch einmal deutlich über diesem Wert.
Das bedeutet auch: Die Kreditzinsen werden weiter ansteigen. Bereits nach EZB-Leitzinserhöhung im Februar haben sich "die Topkonditionen für einen fixverzinsten Immobilienkredit mit 20 Jahren Laufzeit auf 3,5 Prozent erhöht", berichtet Andreas Ederer, Finanzierungsexperte bei der Vergleichsplattform "Durchblicker". Das laste – neben anderen Faktoren – auch auf der Kreditnachfrage, die heuer im Gesamtjahr um "zumindest 25 bis 40 Prozent" sinken dürfte, sagt Ederer.

Starke Rückgänge der Nachfrage

Von Rückgängen, insbesondere bei Immobilienfinanzierungen, berichten auch heimische Banken. Die verschärften Regeln zur Kreditvergabe haben bei der Raiffeisenlandesbank Kärnten (RLB) die Neuvergabe von Wohnraumfinanzierungen "seit dem vierten Quartal stark reduziert", seither sei die Nachfrage stabil.

Gerhard Fabisch, Vorstandschef der Steiermärkischen Sparkasse, spricht von einem Nachfragerückgang von rund 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch bei der Raiffeisen Landesbank (RLB) wird betont, dass die Nachfrage bei Wohnbau- und Investitionskrediten "aufgrund der aktuellen Lage" geringer als im Vorjahr sei, wie Thomas Zehetleitner, Privatkunden-Leiter bei der RLB, betont. Hannes Zwanzger, Vorstandsdirektor der Volksbank Steiermark, verweist ebenfalls auf einen "starken Rückgang".

Sinkende Kreditnachfrage meldet auch die bank99 der Post. Strengere Vergabekriterien, generelle Unsicherheit, die hohe Inflation und die Zinsentwicklung seien die Ursachen, erklärt Vorstand Bernhard Achberger. "Andererseits gab es zuletzt wieder mehr Anfragen von Mieterinnen und Mietern, die aufgrund der starken Mieten ins Eigentum wechseln wollen", so Achberger.

"Die Nachfrage ist im Vergleich zum Vorjahr verhaltener", ortet auch BKS-Vorstandschefin Herta Stockbauer. Das sei nicht nur höheren Zinsen, sondern der die Investitionsfreude bremsenden Inflation geschuldet.

Wie sieht es mit den Konditionen aus?

Alle Banken verweisen darauf, dass diese letztlich von zahlreichen Faktoren – von der Bonität der Kunden über die Eigenmittelausstattung bis hin zur Besicherungsquote – abhängen. Als Gradmesser für einen Immobilienkredit mit 20 Jahren Laufzeit nennt beispielsweise die RLB derzeit Fix-Konditionen von rund 4,25 Prozent bei Bindungsfristen zwischen fünf und 25 Jahren. Bei variabler Verzinsung komme es zu einem Aufschlag von 1,25 Prozent auf den Drei-Monats-Euribor, was unterm Strich rund 3,85 Prozent ergebe. Zum Vergleich: Im September 2022 lag der variable Zinssatz hier noch bei 0,75 Prozent.

Für BKS-Kunden "zur Orientierung" dient der variabel verzinste Wohnbaukredit – gebunden an den Sechs-Monats-Euribor – von 4,375 Prozent bzw. der auf zehn Jahre fix verzinste Wohnbaukredit mit 4,25 Prozent.

Einen Gradmesser nennt auch die RLB Kärnten. Derzeit müsse man im besten Fall – abhängig vom Drei-Monats-Euribor – mit einer variablen Verzinsung von 3,75 Prozent rechnen, bei fixer Verzinsung sind es 3,9 Prozent (20 Jahre Laufzeit). Keine Zinssätze für Wohnbaukredite nennt die Kärntner Sparkasse. Diese hingen an verschiedensten Parametern – vom Kundenrating über den Eigenmittelanteil über die Laufzeit des Kredits bis zur Besicherungsquote. Die Volksbank Kärnten bietet Wohnbaukredite variabel verzinst ab 3,9 Prozent, bei fix verzinsten Krediten steigt der Zinssatz auf 4,45 Prozent (jeweils bei einer Laufzeit von 20 Jahren). Die Volksbank bietet zudem "Bandbreitenkredite" an, mit einer Untergrenze von derzeit 3,25 Prozent und einer Obergrenze von 4,75 Prozent.

Abhängig von vielen Parametern

"Für einen 20-jährigen fixverzinsten Immobilienkredit bieten wir in Kooperation mit der s-Bausparkasse einen Zinssatz von 3,94 Prozent per annum an", führt Gerhard Fabisch von der Steiermärkischen aus. Der Zinssatz bei variabel verzinsten Immobilienkrediten hänge indes "von vielen Faktoren ab, wie zum Beispiel Eigenmittel, Laufzeit, Besicherung und Einkommen ab und wird abhängig von vielen Parametern individuell berechnet und beträgt derzeit circa vier Prozent per annum".

Die Bedeutung individueller Beratung unterstreicht auch RLB-Steiermark-Bereichsleiter Zehetleitner: "Eine hohe finanzielle Reserve bei den Kundinnen und Kunden, ermöglicht es den Privatkunden derzeit, Kredite vorzeitig abzudecken, um so die monatlichen Belastungen zu reduzieren." Volksbank-Vorstandsdirektor Zwanzger betont ebenfalls: "Wir setzen sowohl bei Fixzinskrediten als auch variabel verzinsten Krediten auf individuelle Beratung." Aufgrund der höheren Planungssicherheit durch fixe Raten empfehle man in Kundengesprächen aktiv Fixzinskredite, so Zwanzger.

Die Anadi-Bank offeriert im Wohnbereich bei zehn oder 15 Jahren Laufzeit einen Fixzinssatz von 3,99 Prozent, variable Kredite werden ab 3,9 Prozent verzinst. Variabel verzinste Kredite werden in der Regel vierteljährlich angepasst, betont man bei der Anadi-Bank.

Wie geht’s weiter?

Steiermärkische-Chef Fabisch geht ebenfalls davon aus, dass nach der erwarteten Leitzinserhöhung von 0,5 Prozentpunkten im März weitere Zinsschritte im Ausmaß von insgesamt bis zu 0,75 Prozentpunkten folgen könnten. "Daher ist bei den Kreditzinsen noch ein weiterhin anhaltender Anstieg zu erwarten."

"Bis Sommer 2023 ist mit ein bis zwei weiteren Zinsschritten zu rechnen", sagt Achberger (Bank 99). Damit rechnet auch Daniela Barco, die Privatkunden-Vorständin der Bank Austria.

Das erwartet auch Daniela Barco, Privatkunden-Vorständin der Bank Austria. Doch die nächste Zinswende sei bereits in Sicht: "Für 2024 zeichnet sich erneut eine Wende in der europäischen Geldpolitik ab. In der zweiten Jahreshälfte 2024 könnten die Leitzinsen bereits wieder um 0,75 Prozent sinken", so Bank Austria-Vorständin Barco.

Lockerung ab 1. April: "Das reicht bei Weitem nicht aus"

Die kürzlich erfolgte minimale Lockerung der Finanzmarktaufsicht der im August letzten Jahres deutlich verschärften Vergaberichtlinien für Wohnkredite gehen vielen Banken-Vertretern nicht weit genug: "Die Anpassung ist unzureichend, um der Problematik des Wohnbau-Dilemmas entgegenzusteuern", sagt Gabriele Semmelrock-Werzer, Vorstandsdirektorin der Kärntner Sparkasse. "Dem aktuellen wirtschaftlichen Umfeld wurde damit nicht Rechnung getragen." Die Anpassung der Vorschriften sei "eindeutig zu wenig", meint Johannes Jelenik, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Kärnten.

Von einem "kleinen Schritt in die richtige Richtung", spricht man bei der RLB Steiermark hinsichtlich der angekündigten Erleichterungen. Dieser reiche aber "bei Weitem nicht aus", um vor allem jungen Menschen Wohneigentum zu ermöglichen und die starken Rückgänge bei Kredit-Vergaben sowie die wirtschaftlichen Einbrüche in betroffenen Branchen abzufedern. Gerhard Fabisch, Chef der Steiermärkischen Sparkasse, verweist insbesondere darauf, dass gerade Regionalbanken ihre Kundinnen und Kunden am besten kennen würden, er hält die Regeln – auch aufgrund der gänzlich veränderten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen – für nicht notwendig. Auch Hannes Zwanzger, Vorstandsdirektor der Volksbank Steiermark, betont, dass die Leistbarkeit von Krediten u. a. durch das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz sowie das jeweilige Zinsniveau ohnehin gut ausgesteuert werde. Eine eigene Vergaberichtlinie brauche es daher nicht.