Erst vor wenigen Tagen sorgte ein – nicht rechtskräftiges – Urteil des Wiener Handelsgerichts für Aufregung. Dieses hatte eine Strompreiserhöhung des teilstaatlichen Verbunds im Mai 2022 für unzulässig erklärt. Die Verbund AG hatte ihre Tariferhöhung mit der Preisexplosion an der Strombörse begründet.
Doch Energieunternehmen, die selbst viel Strom etwa aus günstiger Wasserkraft herstellten, "können ihre Preiserhöhung nicht ohne Weiteres" mit den teuren Börsenpreisen rechtfertigen, argumentierte das Gericht. Der Verbund legt Berufung ein. Zu Wochenbeginn präsentierte die Arbeiterkammer ein Gutachten, dass die Stromtariferhöhungen der Tiroler Tiwag und der Salzburg AG unrechtmäßig erfolgt seien. Die AK ortet hier Rechtswidrigkeiten bei angekündigten bzw. bereits vollzogenen Preiserhöhungen. Es müsse in den Klauseln die Kostenstruktur offengelegt werden, auch dahingehend, wie viel Strom eingekauft und wie viel selbst produziert wird. Es müsse vor Erhöhungen deutlich gemacht werden, wie die Preise zustande kommen.
"Urteil kam überraschend"
Der Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, betonte am Mittwochabend in der "ZiB 2", dass das Verbund-Urteil auch für die Behörde sowie die Branche "überraschend" gekommen sei. Es gehe letztlich um die Frage, ob die Erhöhung der Tarife transparent genug argumentiert worden sei und ob Kundinnen und Kunden bei Vertragsunterzeichnung verstehen können, wie sich die Preise ändern können. Über den Ausgangspreis sage das Urteil indes nichts aus.
Es gelte nun, abzuwarten, wie die nächsten Instanzen entscheiden. Kundinnen und Kunden können derzeit grundsätzlich zuwarten, denn wenn sich rechtskräftig herausstellen sollte, dass Tariferhöhungen tatsächlich unwirksam sind, dann würden sie das Geld zurückerhalten, so Urbantschitsch. Er gibt aber auch zu bedenken, dass sich ein solches Urteil auch auf den Wettbewerb auswirken können – und das eher negativ –, weil Versorger dazu übergehen könnten, den Ausgangspreis grundsätzlich höher anzusetzen, sich aus dem Privatkundenmarkt zurückzuziehen, weil ihnen das Risiko zu groß ist, oder ihren selbst erzeugten Strom direkt über den Großhandel zu verkaufen.
Der E-Control-Chef verweist auch auf die unterschiedliche Ausgangslage der heimischen Energieversorger: Es gebe solche, die einen Großteil des Stroms selbst erzeugen, aber auch solche, die Strom vorwiegend zukaufen.
Preise sollten ab Mitte des Jahres sinken
Urbantschitsch geht überdies davon aus, dass Mitte des Jahres die Preise bei Strom und Gas zurückgehen werden. Es werde allerdings keinen Rückgang auf das Niveau vor zwei Jahren geben, jedoch: "Diese Spitzenausschläge bei den Preisen werden wir nicht mehr sehen."