Barcelona ist dieser Tage wieder Epizentrum der globalen Mobilfunkwelt. Am Montag begann mit dem Mobile World Congress das wichtigste Branchentreffen, bis Donnerstag werden am MWC 80.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Womit die Dimension zwar deutlich hinter den Rekordauflagen liegt, aber nach Jahren der coronabedingten Pause doch Zeugnis von steigendem Interesse ist.

Thematisch ist der Kongress bekannt breit aufgespannt. Großes Gesprächsthema wird etwa ein Ausblick auf den nächsten Mobilfunk-Standard 6G sein. Ja, richtig gelesen. Auch wenn noch die wenigsten Menschen in Europa 5G verwenden, tüftelt die Branche bereits am Nachfolger. 6G soll jedenfalls, no na net, noch höhere Geschwindigkeiten bei der Datenübertragung und kürzere Reaktionszeiten als 5G bringen. Nicht zuletzt soll 6G auch ein Satellitenservice beinhalten.

Auch kommen die wieder aufgekeimten Pläne, populäre Streamingdienste oder Videoplattformen für den Netzausbau mit zur Kasse zu bitten, in Barcelona zur Sprache. 15 Milliarden Euro würde es die Netzbetreiber jährlich kosten, das Datenvolumen der fünf größten Online-Dienste umzuschlagen, sagte die Chefin des Telekom-Konzerns Orange, Christel Heydemann, am Montag. Diese verursachten jeden Tag rund 55 Prozent des Datenverkehrs.

Die Mobilfunk-Branche fordert eine Datenmaut unter Verweis auf hohe Kosten schon sehr lange, jüngst startetet EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager eine "öffentlichen Konsultation" zu dem Thema. Netflix & Co. verweisen im Gegenzug gebetsmühlenartig darauf, dass ihre Dienste bei Nutzern erst den Bedarf an schnellen Leitungen erzeugten.

eSIM wird zum großen Thema

Bei den Handyherstellern hat es sich indes längst bewährt, bereits vor dem offiziellen Start des MWC ihre Flaggschiff-Produkte zu präsentieren. Samsung versuchte sich heuer als besonders früher Vogel. Die Koreaner zeigten das Galaxy S23 schon Anfang Februar. Der chinesische Konkurrent Xiaomi wiederum nutzte das Wochenende vor dem Messestart, um in Barcelona die globale Ausrollung der neuen "13er"-Modelle bekannt zu geben. Deren Herzstück findet sich übrigens auf der Rückseite: Das Kamerasystem mit drei Objektiven wurde gemeinsam mit dem deutschen Kamera- und Optikhersteller Leica entwickelt.

Für ein erstes optisches Ausrufezeichen sorgt in Katalonien übrigens Motorola, also jener Smartphone-Bauer, der zum chinesischen Lenovo-Konzern gehört. In Barcelona stellt Motorola den Prototypen eines ausrollbaren Smartphones vor. Wann die "Rizr"-Neuauflage tatsächlich in den Verkauf kommt, ist aber noch offen.

Apropos Motorola. 2019 stellte das Unternehmen mit dem "Razr" das erste Smartphone vor, das ausschließlich mit eSIM funktioniert. Also keinen Platz mehr für den Einschub einer gewöhnlichen Plastik-SIM-Karte hat. Während das Klapphandy stets Nischenprodukt blieb, ist die Technologie eSIM auf dem Vormarsch. Nicht zuletzt dank Apple. Der Smartphone-Krösus aus Cupertino – dem MWC bleibt er in guter Tradition fern – verzichtet in der US-Variante des neuen iPhone 14 ebenfalls auf Platz für das Plastik.

Grosso modo wächst der Druck auf die Produzenten, neue innovative Modelle zu präsentieren, sukzessive. Im Vorjahr etwa sank die Zahl der abgesetzten Smartphones auf den niedrigsten Wert seit 2013, wie der Branchenbeobachter IDC vorrechnet.

Zwar wurden noch immer ansehnliche 1,21 Milliarden Stück verkauft, das Minus im Vergleich mit dem Jahr davor belief sich aber auf 11,3 Prozent. Im vierten Quartal lag der Rückgang sogar bei 18,3 Prozent. "Wir haben noch nie erlebt, dass die Auslieferungen im Weihnachtsquartal niedriger waren als im Vorquartal", ließ IDC-Manager Nabila Popal wissen. Verantwortlich dafür waren drastische Lieferkürzungen in Folge von schwacher Nachfrage und hohen Lagerbeständen.

Auch Barcelona ist künstlich intelligent

Auch Künstliche Intelligenz findet sich am MWC naturgemäß an jeder Ecke. Alt AI, ein japanisches Unternehmen, zeigt in Barcelona etwa einen KI-Klon. Sprich: Die Künstliche Intelligenz beobachtet seine Nutzerinnen und Nutzer so gut, dass es ihn oder sie in Mails oder Gesprächen nachahmen kann. Allerdings zu einem stolzen Preis. Ein Klon in der Basisausstattung kostet 100.000 US-Dollar.