Bei den Vergaberegeln für Immobilienkredite hat das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) am Montag leichte Lockerungen vorgeschlagen. Diese betreffen vor allem die Regelungen zu Zwischenfinanzierungen und Vorfinanzierungen von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen durch Gebietskörperschaften, die übrigen Regeln bleiben aufrecht. Für den Wifo-Wohnbauexperten Michael Klien sind die Anpassungen ausreichend. Banken und der Immobilienbranche ist das zu wenig, sie hätten mehr Abschwächungen erwartet.
Die Regeln seien vor allem ein Instrument, um übermäßige Kreditvergabe und zu hohe Verschuldung zu vermeiden. "Dass an den Grundfesten nicht gerüttelt wird, ist, glaube ich, sinnvoll", sagte Klien am Montag im Ö1-"Morgenjournal" des ORF. Die Lockerungen bei den Zwischenfinanzierungen sieht der Experte aber positiv.
"Die vorliegenden Regelungen der sind aus unserer Sicht überschießend und die marginalen Lockerungen reichen nicht aus, um den Erwerb von Eigentum für die junge Generation in Österreich auch in Zukunft sicherzustellen, geschweige denn diesen zu fördern", sagte hingegen UniCredit-Bank-Austria-Chef Robert Zadrazil in einem Statement gegenüber der APA.
"Mehr erhofft"
Auch der WKÖ-Bankspartenobmann und Erste-Group-Chef, Willibald Cernko, hatte sich mehr von den FMSG-Empfehlungen erhofft. Er frage sich, ob die strengen Vergabekriterien angesichts geänderter Rahmenbedingungen noch ihre Berechtigung hätten, sagte er am Dienstag im APA-Gespräch und wies auf deutlich höhere Zinsen, sinkende Immobilienpreise und ein eingebrochenes Immobilienkreditwachstum hin.
Konkret habe er sich eine einfachere Regelung bei den Ausnahmekontingenten gewünscht, inklusive einer längeren Berechnungszeit. Aktuell würden die Kontingente auf Basis des vorangegangenen Halbjahres berechnet, was bei dem jüngsten Rückgang der Kreditvergabe zu stark eingeschränkten Ausnahmemöglichkeiten führe.
Mangelnde Leistbarkeit von Immobilien
In den vergangenen Wochen wurden von Banken, von der Immobilienindustrie, aber auch von politischer Seite vielfach Lockerungen bei den Vergaberegeln für Wohnkredite gefordert. Als Grund wurde vor allem die mangelnde Leistbarkeit von Immobilien für junge Familien angeführt. Der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) verwies zudem auf einen bereits stark spürbaren massiven Einbruch bei den Immobilienkrediten.
Dass es durch die Lockerungen wieder zu steigenden Zahlen bei der Wohnkreditvergabe kommt, dürfte eher unwahrscheinlich sein. Denn der Grund für die rückläufige Zahl bei den Wohnkrediten liege eher in den hohen Zinsen, sagt der Wifo-Experte. "Der Haupteffekt der momentanen Kreditrückgänge ist sicher auf die Zinsen zurückzuführen", so Klien. Für viele sei aufgrund der Zinsen in Kombination mit der hohen Inflation Eigentumserwerb derzeit einfach nicht finanzierbar.
Um mehr als 40 Prozent eingebrochen
Das zeige sich auch in anderen Ländern, wo die Zahl der neu vergebenen Wohnkredite ebenfalls zurückgehe. Während in Österreich die Zahl seit August des Vorjahres – also seit Inkrafttreten der strengeren Vergaberegeln – um 40 Prozent eingebrochen ist, waren es in Deutschland bei gleichbleibenden Regeln 33 Prozent. Die verschärften Regeln machen laut Klien daher nur einen geringen Unterschied.
Arbeiterkammer-Konsumentenschützer Christian Prantner sieht die vom FMSG geplanten Anpassungen grundsätzlich positiv, sagte am Dienstag im Ö1-"Mittagsjournal" aber auch, dass die grundlegende Verordnung ihre Berechtigung habe. "Es ist unbestritten, dass die Grundpfeiler dieser Verordnung gut und richtig sind", so Prantner. Auch in der täglichen Beratung der AK zeige sich, dass eher die hohen steigenden Zinsen und weniger die verschärften Kreditregeln ein Thema für die Konsumenten sind. Die Banken seien hier angehalten, die Kreditnehmer zu unterstützen.
Auch die von der Immobilien- und Bankenbranche beklagten Rückgänge bei den Immobilienkrediten seien laut Wifo-Experten Klien eher den hohen Zinsen zuzurechnen als den verschärften Vergaberegeln. "Der Haupteffekt der momentanen Kreditrückgänge ist sicher auf die Zinsen zurückzuführen", so Klien. Für viele sei aufgrund der Zinsen in Kombination mit der hohen Inflation Eigentumserwerb derzeit einfach nicht finanzierbar.
Für Prantner dürfe die Leistbarkeit von Immobilien-Eigentum nicht zu sehr an "billigen Krediten" hängen. Es müsse auch an anderen Schrauben wie dem Lohnniveau oder den Immobilienpreisen gedreht werden, um Wohnkredite leistbarer zu machen, so der AK-Experte weiter.
"Diese geplanten Änderungen sind viel zu wenig"
Deutlich mehr Aufweichungen hat sich dagegen die Immobilienbranche erwartet. "Diese geplanten Änderungen sind viel zu wenig", sagte Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) im Ö1-"Mittagsjournal". Die Lockerung bei den Zwischenfinanzierungen greift für Gollenz zu kurz. Das FMSG empfiehlt, dass beim Kauf einer neuen Immobilie die alte, aktuell bewohnte Immobilie zu 80 Prozent ihres Marktwerts als Eigenkapital angerechnet werden darf. Für Gollenz müssten es 100 Prozent sein. Der Bankenverband sprach sich gegenüber dem ORF für zumindest 90 Prozent aus und kritisierte zudem den kurzen Zeitraum, der für den Verkauf der alten Immobilie zur Verfügung steht. Das FMSG empfiehlt, dass die Zwischenfinanzierung für eine maximale Laufzeit von zwei Jahren vereinbart werden darf.