Der teilstaatliche Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV hat 2022 auch dank der hohen Öl- und Gaspreise infolge der Ukraine-Krise ausgezeichnet verdient – nach Abzug von Steuern bleibt ein Gewinn von 5,175 Milliarden Euro. Ein schlechtes Gewissen lässt sich OMV-Chef Alfred Stern deswegen nicht machen: Man habe einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit geleistet, und "am meisten von einer erfolgreichen OMV profitiert die Republik Österreich", sagte Stern am Donnerstag zur APA.
"Wir sind extrem stolz bei der OMV, dass wir ein Rekordjahr hinlegen konnten", sagte Stern. Das operative Konzernergebnis wurde auf 12,246 Milliarden Euro mehr als verdoppelt, der Nettogewinn fiel mit 5,175 Milliarden Euro um 85 Prozent höher aus als im Vorjahr. Die Konzernerlöse stiegen vor allem wegen der höheren Marktpreise um 75 Prozent auf 62,3 Milliarden Euro.
An der Börse hat die OMV-Aktie dennoch mit deutlichen Kursabschlägen reagiert. Die OMV-Titel rutschten bis kurz vor zehn Uhr um fünf Prozent auf 43,18 Euro ab.
Bei den Anstrengungen, die Gasversorgung zu diversifizieren, sei der OMV im vergangenen Jahr einiges gelungen, betonte Stern. Die Republik profitiere aber auch finanziell: Mit regulären Steuern und Abgaben wie zum Beispiel dem Förderzins bezahle die OMV für das Jahr 2022 bereits 300 Mio. Euro. Über Dividende und Sonderdividende würden noch einmal rund 620 Mio. Euro an die ÖBAG ausgeschüttet, also auch an die Republik. Die OMV-Aktionäre sollen zusätzlich zur bereits beschlossenen Sonderdividende eine höhere reguläre Dividende von 2,80 (2,30) Euro je Aktie erhalten. Zusammen mit anderen Abgabe liefere die OMV als ungefähr eine Milliarde Euro an den Staat ab.
"Wir tragen zur österreichischen Wirtschaft einen Beitrag von ca. 1,6 Prozent zum Bruttosozialprodukt bei, wir beschäftigen eine Menge Leute und wir liefern auch Energie für das ganze Land, was ja das Leben, so wie wir das haben, überhaupt möglich macht", unterstrich der CEO die volkswirtschaftliche Bedeutung der OMV.
Allerdings erwirtschafte die OMV nur etwa 7 Prozent der operativen Ergebnisse vor Sondereffekten in Österreich im Energiebereich – und nur der Energiebereich sei von den "Solidaritätsabgaben" betroffen, also mit einer Sondersteuer belegt. "Wir schätzen heute, dass das ca. 90 Millionen Euro sein werden."
Beteiligung wurde bereits abgeschrieben
Nach wie vor ist die OMV in Russland am russischen Gasfeld Juschno-Russkoje beteiligt. Diese Beteiligung wurde bereits abgeschrieben, allerdings habe dieses Gasfeld auch für Russland strategische Bedeutung, "und damit sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie man dort aussteigen kann, sehr eingeschränkt". Eine Ausschüttung von Dividenden an Unternehmen aus "verfeindeten Staaten" sei in Russland verboten, daher gebe es aus Russland keinen Ergebnisbeitrag mehr.
Die Verschärfung des Öl-Embargos gegen Russland – am 5. Februar treten die Sanktionen gegen Ölprodukte aus Russland in Kraft – werde zu einer weiteren Marktverknappung führen. Europa habe bisher sehr viel Diesel aus Russland importiert und die Dieselpreise seien bereits seit einiger Zeit höher als die Benzinpreise, sagte Stern. "Die Situation wird sich durch das, was am Sonntag in Kraft tritt, natürlich nicht verbessern." Allerdings sei die Ausweitung des Embargos schon zu einem guten Teil eingepreist. Um den Ausfall der russischen Ölprodukte auszugleichen, werde man auf Importe aus anderen Regionen angewiesen sein, etwa aus dem Mittleren Osten oder Asien.
Pipeline-Kapazitäten für nicht-russisches Gas
Die OMV geht in ihren Planungen für heuer von einem Brent-Ölpreis über 80 Dollar pro Barrel aus. "Das ist weniger als letztes Jahr, aber doch noch auf einem sehr hohen Niveau." Der Gaspreis am Trading Hub Europe wird mit 60 bis 70 Euro je Megawattstunde angenommen. "Auch das ist weniger als das, was wir 2022 hatten, allerdings noch immer signifikant über dem historischen Durchschnitt."
Zur Diskussion über den Einsatz der umstrittenen Fracking-Methode zur Gasförderung in Österreich verwies der OMV-Chef darauf, dass eine solche Förderung eine sehr lange Vorlaufzeit erfordern würde. Man könne aber die aktuelle Krisensituation "nicht überwinden, indem ich eine Lösung vorschlage, die erst in vier, fünf, sechs Jahren zu einem Ergebnis führt". Deswegen habe die OMV Pipeline-Kapazitäten für nicht-russisches Gas gebucht, "sodass wir heute unsere gesamten Kundenverpflichtungen mit nicht-russischem Gas beliefern können".
Außerdem werde ja in Österreich eine Energiewende angestrebt, "und je später man mit einer solchen Gasproduktion in Österreich beginnt, desto uninteressanter wird es natürlich, weil man ja eigentlich den Ausstieg geplant hat".
Bekannte Gasfelder "praktisch ausgefördert"
Die bekannten Gasfelder im Weinviertel und Wiener Becken seien praktisch ausgefördert, erklärte Stern. "Wir haben deswegen eine großangelegte Seismik im Wiener Becken und im Weinviertel gemacht." Hier gehe es nicht um Fracking, sondern um konventionelle Gasförderung. Ende letzten Jahres habe man mit einer Probebohrung in Wittau begonnen, "da wollen wir uns anschauen, ob man hier noch zusätzlich fördern kann". Auch Molln in Oberösterreich, über das es zuletzt viel Aufregung gab, sei eine konventionelle Lagerstätte, "sofern dort was drinnen ist".