In Katar haben Zehntausende Bauarbeiter aus vielen asiatischen Ländern über Jahre für Großprojekte rund um die Fußballweltmeisterschaft gearbeitet. Auch auf Baustellen des österreichischen Baukonzerns Porr. Der holt jetzt erste indische Mitarbeiter nach Europa – wo der Arbeitskräftemangel ein immer größeres Thema wird. Porr-Chef Karl-Heinz Strauss sieht darin ein Erfolgsmodell. In intensiven Gesprächen mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Wirtschaftsminister Martin Kocher drängt Strauss auf eine weitere Verbesserung der Rot-Weiß-Rot-Karte. Die ist Strauss zufolge noch immer zu eng ausgelegt.
"Wozu schicken wir die Inder nach Hause?", so Strauss. Man habe mehrere Hundert beschäftigt und sehr gute Erfahrungen mit ihnen gemacht. "Anfang Dezember haben wir geschafft, die ersten 130 nach Rumänien zu holen. Auf den Baustellen dort wird Englisch gesprochen, sie sind gut ausgebildet, sind beispielsweise Maschinisten oder Vermesser", erklärt Strauss am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Demnächst sei eine Aufstockung auf bis zu 300 indische Mitarbeiter in Rumänien geplant. Untergebracht würden sie in "Camps mit tollen Standards". In Tschechien kämen gerade die ersten 20 indischen Mitarbeiter auf Baustellen.
"Illegale Migration darf nicht belohnt werden"
Der Wunsch, in Europa weiter für die Porr zu arbeiten, sei übrigens von den Mitarbeitern selbst ausgegangen. "Gezielte Migration kann Österreich überhaupt nicht schaden", argumentiert der Porr-Chef. "À la longue wird es auch gut ausgebildete Inder auf Baustellen in Österreich geben." Bisher sind es vor allem Polen, die in Österreich am Bau arbeiten, wo sich zu wenig Österreicher finden. In anderen Ländern ist der Bauarbeitermangel noch krasser. "In Norwegen könnten wir ohne eigenes Personal gar nicht bauen." Um nicht missverstanden zu werden, stellt Strauss auch sofort klar: "Illegale Migration darf nicht belohnt werden."
Gemessen am gesamten Personalstand von knapp 21.000 – davon 9000 in Österreich – sind die indischen Porr-Mitarbeiter eine verschwindende Minderheit. Wie groß der Arbeitskräftemangel ist, zeigt diese Zahl: "Wir haben rund 1000 Stellen ausgeschrieben, die wir sofort besetzen können", so Strauss.
Besser als 2023?
Sorgen um einen Rückschlag in der Bauwirtschaft macht sich der Porr-Chef überhaupt nicht. "Die Chancen überwiegen die Risiken bei Weitem", verweist Strauss auf ein "All time high" beim Auftragsstand. Den neuesten Großauftrag über 400 Millionen Euro im deutschen Hannover hatte die Porr erst Mittwoch früh gemeldet. Für die kommenden beiden Jahre sehe es sehr gut aus, das Jahr 2023 "könnte noch besser werden als 2022". Die endgültigen Zahlen hat der Konzern noch nicht veröffentlicht. Bei einer Bauleistung von mehr als 6 Milliarden Euro wurden etwa 100 Millionen Euro Gewinn gemacht. Bei den Lohnverhandlungen auf der Basis von 8,2 Prozent Jahresinflation hofft Strauss, dass die Arbeitnehmervertreter sich entgegen der bisherigen Handlungsmaxime auch Einmalzahlungen vorstellen können.
Wie werden Häuser klimafit?
Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit am Bau ist steinig, aber Strauss zufolge wird er inzwischen in sehr vielen Bereichen beschritten – etwa beim Baustoffrecycling oder neuartiger Betonherstellung. Schon jetzt sei das mit 30 Prozent weniger Zement möglich, hier gebe es viel Forschung genauso wie beim Ersatz der klassischen Gas-Kombitherme zum Heizen.
Dabei seien Wärmepumpen der zentrale Ansatz, teilweise in Kombination mit Geothermie. Grundsätzlich könnten Wärmepumpen auch in Wohnanlagen oder klassischen Zinshäusern eingesetzten werden. Um Häuser klimafit zu machen, bekommt Strauss zufolge Hitzeabstrahlung große Bedeutung, etwa über spezielle Thermo-Beschichtungen für die Fassade. Fensterhersteller arbeiteten bereits daran, die notwendige Technik für Photovoltaik-Fassaden-Elemente in Fensterrahmen zu integrieren. Für die Raumkühlung gebe es bereits flache Systeme zur Montage an der Decke.
Claudia Haase