Die Urlaubsbuchungen haben sich mit dem Ausklingen der Coronapandemie spürbar erholt. Ob das so bleibt, hängt von der Leistbarkeit ab. "Im Tourismus gab es im vergangenen Jahr massive Nachholeffekte – wir werden gespannt sein, ob es im Jahresverlauf, etwa im Sommer, weiter Nachholeffekte gibt, wenn die Preise fürs tägliche Leben so stark nach oben gehen", gab der deutsche Ökonom Lars Feld beim Hotelierskongress in Salzburg zu bedenken. "Wir befinden uns in einer Stagflation."
"Das ist eine schwierige Situation", betonte der frühere Vorsitzende des Sachverständigenrats der "Wirtschaftsweisen" in Deutschland am Montag in seinem Vortrag auf dem Jahreskongress der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), nach der Eröffnung durch ÖHV-Präsident Walter Veit. Die Inflation wird sich seiner Meinung nach hartnäckig auf hohem Niveau halten.
"Sind in einer stagnativen Entwicklung"
Wesentlich optimistischer – wenngleich auf niedrigem Niveau – ist der Ökonom hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung. "Einige sagten: 'Das wird die schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.' Das ist es mitnichten", strich Feld hervor. "Es geht nicht so schön nach oben, aber es bricht auch nicht ein – wir sind in einer stagnativen Entwicklung", sieht er die Lage insgesamt – relativ – entspannt.
Alle drei großen Wirtschaftsblöcke – Europa, Amerika, Asien – verzeichneten eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, Europa allerdings einen regelrechten Einbruch von 5,7 Prozent (2021) auf null. "Mit großer Dynamik ist nicht zu rechnen", so der Ökonom.
"Beruhigend ist das nicht"
"Das gilt für die Verbraucherpreise nicht – die bleiben auch 2023 hoch." Für die Eurozone sind für das heurige Jahr 7,4 Prozent prognostiziert, nach 8,5 Prozent 2022 und 2,6 Prozent 2021. "Beruhigend ist das nicht", sagte Feld.
In Österreich kommt es aktuellen Prognosen der deutschen Sachverständigen zufolge heuer zu einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 4,8 Prozent (2022) auf 0,4 Prozent, in Deutschland von 1,8 auf 0,0 Prozent. "Wir sind in einem stagnierenden Umfeld, es ist aber nicht der Niedergang des Abendlandes", so Feld.
"Eher eine Schwächephase"
"Menschen, die eine Rezession erleben, denken, es sei das Schlimmste, was passiert", verwies der Ökonom auf grassierende Unsicherheit und Sorge. Die aktuelle Lage sei "nicht vergleichbar mit Rezessionsphasen wie etwa nach dem Zweiten Weltkrieg". Im Moment hätten wir "eher eine Schwächephase".
"So eine gute Nachricht wie für die konjunkturelle Entwicklung habe ich für die Inflation nicht", räumte Feld ein. Die Notenbanken hätten 2012 bis 2019 "enorm viel Geld in die Volkswirtschaften gesteckt, ohne dass wir Inflation hatten – im November erreichte diese im Euroraum 9,2 Prozent, im Dezember 10,1 Prozent". "In den Zahlen vom Dezember stecken regulatorische Maßnahmen drin – das kommt zwar beim Verbraucher an, das ändert aber nichts an der Dynamik der Zahlen", mahnte der Wirtschaftsexperte.
Inflationsraten sinken? "Da wäre ich vorsichtig"
Die Energiepreise würden heuer "nicht ganz so stark steigen wie vergangenes Jahr". Ein Problem dürften aber die hochfliegenden Erzeugerpreise darstellen. "Ein Drittel davon übersetzt sich normalerweise in Konsumentenpreissteigerungen." Auch die Lohnsteigerungen – in Deutschland um die 5 bis 6 Prozent – seien "zwar wahrscheinlich eine Reallohnsenkung, aber trotzdem Kostensteigerungen für den Unternehmenssektor, die sie versuchen müssen, weiterzuwälzen, sodass wir Zweitrundeneffekte bei der Inflation bekommen werden", erwartet Feld.
Der Ökonom mahnte auch bei Inflationsprognosen für nächstes Jahr zu Vorsicht. "Alle erwarten, dass wir im kommenden Jahr 2024 wieder runtergehen. Da wäre ich vorsichtig", hielt er fest.
"Zinsanstieg auch bei Kosten einer Rezession"
Die Zinsen werde seiner Meinung nach weiter kräftig nach oben gehen. "Zur Bekämpfung der Inflation brauchen wir eine dezidiert restriktive Geldpolitik, gegebenenfalls auf Kosten einer Rezession", so Feld. Insgesamt sei die weltweite Inflation hoch, mit Ausnahme von China und Japan.
"Inflation ist die hässlichste Art der Besteuerung in einem Land, denn es trifft die Ärmsten am allermeisten." Die Teuerung sei schlimmer als jede Tabak- oder Alkoholsteuer. "Die Finanzpolitik muss ihre Defizite eindämmen und die Verschuldung zurückführen."