Nicht nur die Energietarife selbst, auch die Netzgebühren sind mit Jahresbeginn kräftig gestiegen. Sowohl beim Gasnetzentgelt als auch bei den Stromnetztarifen ging es deutlich nach oben. Die Bundesregierung hatte bereits im Dezember "Linderung" versprochen und – zumindest bei den Stromnetztarifen – eine Abfederung in Aussicht gestellt, nachdem bereits die Verordnung der neuen Netztarife für Aufregung gesorgt hatte.
Am Mittwoch passierte eine Ausweitung der im Dezember geschaffenen Unterstützungsmaßnahme den Ministerrat – und wurde von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) vorgestellt. So soll die Unterstützung aussehen:
- Abgefedert werden die steigenden Stromnetztarife (setzt sich aus Netznutzungsentgelten und Netzverlustentgelt zusammen).
- Insgesamt sollen 80 Prozent der Mehrkosten vom Bund übernommen werden.
- Ein durchschnittlicher Haushalt erspart sich damit 80 Euro, heißt es seitens der Regierung.
- Insgesamt wird die Maßnahme bis zu 675 Millionen kosten, im Dezember war zunächst von 200 Millionen Euro und einer 60-prozentigen Mehrkostenübernahme durch den Bund die Rede.
- Profitieren sollen neben den Haushalten auch Betriebe.
- Laut Tursky wäre ein Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von 500.000 Kilowattstunden mit Mehrkosten von fast 4700 Euro konfrontiert gewesen. Nun federe der Bund jedoch 3150 Euro davon ab.
Was sind Stromnetztarife?
Während der Energiepreis (seit 2001) dem liberalisierten Strommarkt unterliegt und man seit damals seinen Energielieferanten frei wählen kann (wobei ein Wechsel zum günstigeren Anbieter derzeit aufgrund der Kapriolen auf den Energiemärkten nicht ganz einfach ist), werden die Netzgebühren per Verordnung von der zuständigen Regulierungsbehörde E-Control auf Basis entsprechender gesetzlicher Grundlagen festgelegt. Den Netzbetreiber kann man als Kunde auch nicht wechseln. Und die Strompreisbremse hat ebenfalls keine dämpfende Wirkung auf die Netzgebühren.
Die sogenannte Systemnutzungsentgelte-Verordnung (SNE-V) wird jeweils novelliert – so wird jährlich die Höhe der Netzgebühren festgelegt, diese variieren regional (sie richten sich u. a. nach geografischen, geologischen und topografischen Merkmalen, Netzinvestitionen und der Leitungslänge). Im Bundesländervergleich liegen die Netzgebühren in Kärnten und der Steiermark traditionell ohnehin am höchsten (wobei sie in den Landeshauptstädten Klagenfurt und Graz günstiger sind als im Rest des Bundeslands).
"Keine Preistreiberei am Rücken der Konsumenten"
Gewessler nahm am Mittwoch unterdessen auch die Versorger in die Pflicht. Was sich nicht ausgehe, sei, bei der Preiserhöhung sehr schnell zu sein, wenn die Tarife zurückgingen, dies dann aber sehr langsam weiterzugeben: "Wir dulden keine Preistreiberei am Rücken der Konsumenten." Daher begrüße sie es sehr, dass E-Control und Bundeswettbewerbsbehörde nun entsprechende Prüfungen eingeleitet haben.
"Wichtiger und notwendiger Entlastungsschritt"
Die Erleichterung bei den Stromnetzkosten wird von der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) in einer Aussendung positiv bewertet: "Die hohen Energiekosten und die damit verbundenen Netzverlustkosten belasten unsere Betriebe enorm. Dass es hier nun eine Ausweitung der Kompensation der Mehrkosten geben wird, ist ein wichtiger und notwendiger Entlastungsschritt", so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf in einer Aussendung. "Auch wenn die Energiepreise momentan etwas zurückgehen, haben die Unternehmen nach wie vor mit hohen Energiepreisen zu kämpfen – die weitere Senkung der Netzkosten bringt in dieser angespannten Lage eine dringend notwendige zusätzliche Entlastung", kommentierte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer die Pläne der Regierung in einer Aussendung.
Kritik von Neos und SPÖ
Kritischer bewertete dies Neos-Energiesprecherin Karin Doppelbauer. Sie will auch die Netzbetreiber in die Pflicht nehmen. "Statt einfach hinzunehmen, dass die ohnehin bereits sehr hohen Netzkosten noch einmal erhöht werden, und die Regierung wieder mit Hunderten Millionen Euro Steuergeld um sich wirft, muss die Regierung die Netzbetreiber endlich zu Transparenz verpflichten. Denn derzeit kann niemand nachprüfen, wofür die Netzgebühren wirklich verwendet werden – angeblich für Netzausbau und Erhalt, viel wahrscheinlicher dienen sie aber als indirekte 'Cashcow' für die Landesfürstinnen und -fürsten. Deshalb fordern wir eine klare Einnahmen- und Ausgabentransparenz mit offengelegten Netzausbauplänen und dessen Finanzierungsbedarf", sagte Doppelbauer laut einer Neos-Pressemitteilung.
SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll zeigt sich ebenfalls skeptisch und kritisch: "Es ist scheinbar nach wie vor keine systemische Lösung, wie im Dezember versprochen wurde und wie sie auch notwendig wäre. Und auch die Details sind völlig unklar."