Rund 2700 Vertreterinnen und Vertreter aus 130 Ländern werden ab dem heutigen Montag (bis 20. Jänner) am Weltwirtschaftsforum (WEF 2023) in Davos teilnehmen. Der Leitsatz für dieses Jahr lautet: "Cooperation in a Fragmented World", also "Zusammenarbeit in einer zersplitterten Welt". 

Beim WEF verweist man auf einen Rekord von 52 Staats- oder Regierungschefs und -chefinnen, die heuer teilnehmen werden. Mit dabei sind u. a. der deutsche Kanzler Olaf Scholz, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, UNO-Generalsekretär António Guterres, Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, die finnische Regierungschefin Sanna Marin, Polens Präsident Andrzej Duda oder der serbische Präsident Aleksandar Vucic. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll virtuell zugeschaltet werden.

Aus Frankreich, Großbritannien und den USA werden indes voraussichtlich keine Staats- oder Regierungschefs anreisen.

Schallenberg und Kocher reisen aus Österreich an

Die österreichische Bundesregierung ist heuer durch Außenminister Alexander Schallenberg und Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (beide ÖVP) in Davos vertreten.

Der Wirtschaftsminister werde laut einer Sprecherin zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von internationalen Unternehmen treffen. Geplant sind außerdem Gespräche mit Amtskollegen- und kolleginnen wie der ukrainischen Vizepremier- und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko und dem neuseeländischen Wirtschaftsminister Damien O'Connor sowie mit den US-Wirtschaftswissenschaftern Lawrence Summers und Richard Baldwin.

Auch Schallenberg trifft zahlreiche Amtskollegen zu Gesprächen: unter anderem den neuen israelischen Außenminister Eli Cohen, Fuad Hussein (Irak) sowie Ignazio Cassis (Schweiz). Zudem auf dem Programm stehen Treffen mit UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk, David Beasley, Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms (WFP), UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi und Miroslav Lajčák, EU-Sonderbeauftragter für den Dialog zwischen Belgrad und Prishtina.

"Ein einmaliges, unsicheres und turbulentes Jahrzehnt"

In seinem Bericht über globalen Risiken 2023 nannte das WEF - im Vorfeld des Jahrestreffens - unter anderem die Inflation und Lebenshaltungskosten, Handelskriege, soziale Unruhen, geowirtschaftliche Konfrontationen und die Gefahr eines Atomkriegs. Dazu kämen geringes Wirtschaftswachstum, Verschuldung, eine Abkehr von der Globalisierung, die praktisch schrankenlose Entwicklung potenziell gefährlicher Technologien und die Folgen des Klimawandels.

Das WEF hat wie jedes Jahr mehr als 1200 Experten sowie Führungspersönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft gebeten, die aus ihrer Sicht größten Risiken in eine Rangliste einordnen. Viele von ihnen nehmen am traditionellen Jahrestreffen des WEF in Davos teil. Das WEF mit Sitz in Cologny bei Genf will nach seinen Statuten "den Zustand der Welt verbessern". In den kommenden zwei Jahren sehen die Befragten steigende Lebenshaltungskosten als dringendstes Problem, gefolgt von Extremwetterereignissen, Kriegen und Konflikten sowie Versagen beim Eindämmen des Klimawandels und die Spaltung der Gesellschaft. Langfristig, über zehn Jahre, stehen die fehlenden Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen, Unwetterkatastrophen und der Zusammenbruch der Ökosysteme auf den ersten vier Plätzen. Dahinter folgt das Risiko unfreiwilliger Migration. Das Risiko terroristischer Anschläge liegt auf Platz 32. Sowohl kurz- als auch langfristig halten die Befragten das Risiko von Cyberattacken für hoch (Platz 8).

"Zusammen sorgen (diese Risiken) für ein einmaliges, unsicheres und turbulentes Jahrzehnt", heißt es in dem Bericht. Fortschritte bei der Anwendung künstlicher Intelligenz und bei Hochleistungsrechnern könnten helfen, einige Risiken etwa im Gesundheitsbereich zu mindern. Aber für viele Entwicklungen gebe es keinen rechtlichen Rahmen über die Anwendung. So könnten sie selbst zu Risiken werden, etwa bei militärischen Einsätzen.

Greenpeace übt Kritik an hohen Privatjet-Emissionen

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums unterdessen die hohen Privatjet-Emissionen der Teilnehmer angeprangert. Eine vom niederländischen Umweltberatungsinstitut CE Delft durchgeführte Untersuchung im Auftrag von Greenpeace International ergab demnach, dass im direkten Zusammenhang mit den Flügen 7400 Tonnen CO₂-Emissionen zu erwarten seien. Das entspreche dem Ausstoß von 260.000 durchschnittlichen Autos in einer Woche.

Die Studie basiert auf den Zahlen der Privatjetflüge in zeitlicher und räumlicher Nähe zum WEF 2022. Demnach seien mindestens die Hälfte der in der Woche des letztjährigen WEF 1040 Flüge mit Privatjets im Umfeld von Davos dem Treffen zuzurechnen. Die klimaschädlichen Emissionen von Privatjetflügen sollen sich in der Woche des WEF sogar um 400 Prozent im Vergleich zu den Wochen vor und nach der Veranstaltung gesteigert haben. Von den 2500 WEF-Teilnehmern im Jahr 2022 sollen demnach mindestens zehn Prozent mit einem Privatjet angereist sein, obwohl sich das Forum selbst zum 1,5-Grad-Klimaziel bekennt.

"Während eine historische Winterhitzewelle Europa in Bann hält, strömen die Reichen und Mächtigen mit hunderten Privatjets zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Das ist blanker Hohn gegenüber all jenen, die bereits heute unter den Folgen der Klimakrise leiden", prangerte Klara Maria Schenk, Klima- und Verkehrsexpertin bei Greenpeace Österreich, am Freitag in einer Aussendung an. "Wer ernsthaft über Klimaschutz reden möchte, muss auch ein entsprechendes Vorbildverhalten an den Tag legen. Die Staats- und Regierungschefs sind gefordert, diese überflüssigen und klimaschädlichen Privatjetflüge zu verbieten", forderte Schenk. Greenpeace appelliert an die EU-Kommission, bei der aktuellen Überarbeitung der Luftverkehrsverordnung den Weg für ein Verbot von Privatjets zu ebnen.