Beim deutschen Finanzkonzern Wirecard haben Manager die Bücher nach Darstellung des Angeklagten Oliver Bellenhaus stets passgenau zur Täuschung der Wirtschaftsprüfer gefälscht. Das sei oft in großer Hektik geschehen, erzählte der Kronzeuge im Strafprozess vor dem Landgericht München am Mittwoch. "Der Wirtschaftsprüfer brauchte was, und dann entstand die Panik", erläuterte der frühere Statthalter von Wirecard in Dubai. "Dann haben wir versucht, was zu basteln."
Entscheidend sei dabei die Frage gewesen: "Ist der Wirtschaftsprüfer glücklich?" Bellenhaus hatte sich kurz nach der Pleite von Wirecard im Sommer 2020 der Münchner Staatsanwaltschaft gestellt und dort umfassend ausgesagt. Seine Anwälte haben dafür einen Strafnachlass und seine Entlassung aus der Untersuchungshaft verlangt, was das Gericht und die Staatsanwaltschaft bisher abgelehnt haben. Bellenhaus sitzt seit rund zweieinhalb Jahren in U-Haft.
Angeklagt sind neben Bellenhaus der frühere Wirecard-Chef, der Österreicher Markus Braun, und der frühere Chefbuchhalter Stephan von Erffa. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Untreue und Bandenbetrug vor. Anders als Bellenhaus haben die Anwälte Brauns und von Erffas die Vorwürfe zurückgewiesen.
Größter Finanzskandal der Nachkriegsgeschichte
Braun, der ebenfalls in Untersuchungshaft sitzt, hat sich in dem Prozess bisher nicht persönlich zur Anklage geäußert. Ob er wie vom Gericht geplant am 19. Jänner das Wort ergreift oder schweigt, ist offen. Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm hatte erklärt, zunächst müsse das Gericht über seinen Antrag entscheiden, den Prozess auszusetzen. Den Antrag hatte Dierlamm mit einer nicht zu bewältigenden Flut neuer Prozessakten begründet.
Der DAX-Konzern war im Juni 2020 zusammengebrochen, als bekannt wurde, dass in der Kasse 1,9 Milliarden Euro fehlten. Die Wirecard-Pleite ist einer der größten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte.