Wer ist der größte Klimasünder? Seilbahnen-Chef und ÖVP-Tourismussprecher Franz Hörl will seine Branche nun aus dem Fokus nehmen und lässt mit einer unerwarteten Forderung aufhorchen: Er will eine Sondersteuer für die Bewerbung "besonders umweltschädlicher Urlaubsformen" wie Flugreisen, Städtetrips, oder Kreuzfahrten verhängen oder gleich ein Werbeverbot dafür einführen. Aus der Luftfahrtbranche stößt Hörls Vorstoß auf Kritik: "Weder sinnvoll, noch durchdacht," sagt WKÖ-Luftfahrtobmann Günther Ofner dazu. Peter Malanik vom Dachverband Luftfahrt sieht darin einen "unbedachten Ablenkungsversuch", der "von Hilflosigkeit" zeuge. Gerade der Tiroler Wintertourismus hänge maßgeblich von den Charterflügen nach Innsbruck ab.
Auf offene Ohren stoßen Hörls Vorschläge aber bei den Grünen: „Gut, dass sich Franz Hörl Gedanken darüber macht, wie mit klimaschädlichen Reiseformen umzugehen ist", sagt die grüne Tourismussprecherin Barbara Neßler - ebenfalls eine Tirolerin.
"Bashing unserer Branche"
Anlass für Hörls Vorstoß ist die laute Kritik der letzten Tage, die Bilder von weißen Kunstschneebändern auf grünen Wiesen hervorgerufen haben. Dass gerade der Wintertourismus in den Skigebieten in der Kritik steht, empfindet Hörl als "faktenbefreites Bashing der Branche."Präparierte Pisten und die Seilbahnen würden nur 0,33 Prozent des Gesamtenergiebedarfs in Österreich ausmachen.
Von "Bashing der Branche" könne man nicht sprechen, widerspricht Barbara Neßler ihm: "Die Klimakrise klopft diesen Winter heftig an und wir sollten uns intensiv damit auseinandersetzen, wie wir hier entschieden gegensteuern können. Dies gilt im Besonderen für die Seilbahnbranche, für die die Klimakrise existenzbedrohend ist.“
Monika Mörth, die Geschäftsführerin des Umweltbundesamtes, betont gegenüber der Kleinen Zeitung: "Den größten Einfluss auf die Treibhausgas-Bilanz hat die Wahl des Verkehrsmittels für die An- und Abreise." Flugreisen – zu Destinationen innerhalb und außerhalb Europas – tragen überdurchschnittlich viel zu den Treibhausgas-Emissionen bei. Bei einer Flugreise auf die Malediven werden pro Person und Tag etwa 426 Kilo CO₂ verursacht, nach Spanien etwa 138 Kilo. Bei Winter- oder Sommerurlaub in Österreich stammen zwischen 3 und 21 kg aus der An- und Abreise – je nachdem, ob mit der Bahn oder mit dem Pkw angereist wird. Den Nightjet zum Schnee habe die "CO₂-Prasserei" wie "Tagesflüge zum Skifahren" abgelöst, sagt Hörl. Künftig könne er er sich vorstellen, die An- und Abreise für Gäste attraktiver und günstiger zu gestalten.
SPÖ-Tourismussprecherin Melanie Erasim freut sich, dass Hörl "die Klimakrise als Problem für den Tourismus erkannt hat." Sie kritisiert aber, er richte "unüberlegte Gesetzeswünsche medial aus, anstatt ernsthafte Gespräche zu führen." Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger spricht von "Verbotspolitik" und sorgt sich, dass der ÖVP-Politiker "offenbar schon zu lange in einer Koalition mit den Grünen" sei.
Veronika Dolna