Die Goldgräberstimmung in der Start-up-Szene ist vorerst vorbei. Nach dem Rekordjahr 2021 ist der Gesamtwert der Investitionen in österreichische Start-ups heuer um 18 Prozent auf eine Milliarde Euro eingebrochen, geht aus dem Start-up-Barometer des Unternehmensberaters EY hervor. "Viele Geldgeber:innen sind nervös, die Risikobereitschaft sinkt, ebenso wie die Bereitschaft zu investieren", so EY-Experte Florian Haas. In vielen Unternehmen der Branche gebe es aktuell Kündigungen.
Beim Wiener Nachhilfe-Start-up GoStudent wackeln derzeit hunderte Jobs. GoStudent war mit Online-Nachhilfe in der Corona-Pandemie kometenhaft aufgestiegen und im Juni 2021 beim Einstieg der Investoren Softbank und Tencent mit 1,4 Milliarden Euro bewertet worden. Im Jänner 2022 stieg der Wert durch eine weitere Finanzierungsrunde auf 3 Milliarden Euro. Auch Österreichs erstes "Unicorn", die Krypto-Börse Bitpanda, kämpft derzeit mit Problemen und musste hunderte Beschäftigte abbauen.
Starkes erstes Halbjahr, aber dann ...
Steigende Zinsen, wirtschaftliche Unsicherheiten, Inflation und eine drohende Rezession haben das Marktumfeld in der Start-up-Szene stark eingetrübt und lassen Risikokapitalfinanzierer zurückhaltender werden. Nach einem sehr starken ersten Halbjahr mit insgesamt 881 Millionen Euro Investments sei der Markt in Österreich im zweiten Halbjahr deutlich eingebrochen, so EY in seiner Analyse. Wie nachhaltig der Krisenmodus ist, hänge insbesondere von der Zinspolitik, der Höhe der Inflation und dem Ausmaß der drohenden Rezession ab, so Haas.
Etwa die Hälfte des gesamten Investitionskapitals sei 2022 auf die zwei großen Finanzierungsrunden von GoStudent mit 300 Millionen Euro sowie TTTech Auto mit 250 MillionenEuro gefallen. Unter die Top-5 nach Volumen schafften es auch Waterdrop und PlanRadar mit je 60 Millionen Euro sowie der Logistik-Spezialist byrd mit 53 Millionen Euro.
Software- und Technologiebereich dominiert
Der Trend zu größeren Finanzierungsrunden in Österreich hielt 2022 an, allerdings mit einem leichten Rückgang im Vergleich zum Rekordjahr 2021. Die Anzahl an großen Deals mit Volumina von mehr als 10 Millionen Euro ging von 16 auf zehn zurück. Die Deals mit mehr als einer Million Euro Volumen blieben mit jeweils 45 in 2022 und 2021 gleich. Bei den Finanzierungsrunden unter einer Million Euro gab es einen Anstieg von 61 auf 80.
Die meisten Finanzierungsrunden gab es im Software- und Technologiebereich. Hier wurden laut EY mit 39 Finanzierungsrunden acht mehr gezählt als im Vorjahr. Start-up-Hotspot bleibt die Bundeshauptstadt Wien. Die bestimmenden Themen der nächsten Jahre seien Nachhaltigkeit und Digitalisierung.