Der ehemalige Wirecard-Chef und Österreicher Markus Braun und seine Anwälte wollen mehr Zeit für die Prüfung der Unterlagen. Sein Verteidiger Alfred Dierlamm kündigte am Montag einen Antrag an, den Betrugsprozess gegen Braun und zwei weitere Ex-Manager des insolventen Zahlungsdienstleisters auszusetzen. Hintergrund sei, "was uns auf den Tisch geschüttet wurde an Akten", sagte er am zweiten Prozesstag zu Beginn seiner auf etwa zwei Stunden angesetzten Erklärung.
Braun sehe sich deshalb derzeit nicht in der Lage, auszusagen. Der 53-jährige Österreicher sitzt seit fast zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft. Die Münchner Staatsanwaltschaft hält Braun laut Anklage für den Kopf einer kriminellen Bande, die über Jahre die Bilanzen des einstigen Börsenlieblings gefälscht und milliardenschwere Scheingeschäfte erfunden habe.
Braun sieht sich als Opfer
Braun bestreitet das und sieht sich selbst als Opfer von Managern um den flüchtigen Ex-Vorstand Jan Marsalek, die Milliarden beiseitegeschafft hätten. Dierlamm sagte, Braun sei seit dem Zusammenbruch von Wirecard im Sommer 2020 vorverurteilt worden wie kein anderer seiner Mandanten in den vergangenen 30 Jahren. "Die Vorverurteilung ist beispiellos wie prägend für dieses Verfahren."
Braun habe "in der vollen Überzeugung der Werthaltigkeit seines Depots" an seinen Wirecard-Aktien festgehalten, sagte der Anwalt. Er habe keine einzige Akte verkauft, sondern seinen Wirecard-Anteil vielmehr noch mit einem Immobilienkredit (Grundpfandrechten) belastet – für "die Immobilie, in der seine Familie wohnt". Braun habe selbst eine forensische Untersuchung der Vorgänge bei Wirecard durch KPMG veranlasst. "Eine geradezu absurde und abwegige Vorstellung, dass ein Bandenanführer so handelt", sagte Dierlamm.