Von außen werden wohl nur Feinspitze die Unterschiede zwischen dem ICE 3 und dem ICE 3 neo sehen. Am 5. Dezember absolvierte die bis jetzt jüngste Generation des Hochgeschwindigkeitszuges die erste Passagierfahrt von Frankfurt/Main nach Köln. Ab Sonntag, 11. Dezember, jettet der ICE 3 neo regelmäßig zwischen Dortmund, Köln, Frankfurt und München auf der neuen Schnellfahrstrecke. "Unter der Haube" verbergen sich indes spektakuläre Neuerungen, streicht Hersteller Siemens Mobility hervor. Erfunden, entwickelt und gebaut wurden sie zum Teil in Österreich. So wird es Fahrgäste freuen, dass der Mobilfunk besser durch die Zugfenster dringt. Zu verdanken ist das den Wienern Andreas Demmer, Lukas W. Mayer und Mehrdad Madjdi, die 2018 Siemens-intern für ihre für den Mobilfunk optimierten Fenster den Titel "Erfinder des Jahres" einheimsten. Sie brachen gewissermaßen den faradayschen Käfig auf; eine dünne Metallschicht als Wärmeisolierung in den Fenstern hielt bis dahin die Funkwellen draußen. Das Neue ist nun, dass in die Isolierfolie per Laser ein Raster eingebrannt wird, der den Mobilfunk durchlässt.

Fahrwerke: 300.000 Fertigungsstunden in Graz

So unsichtbar wie vorteilhaft ist ein weiterer sehr wesentlicher Fortschritt. Der ICE 3 neo sendet ständig einen Datenstrom, was, so Siemens, eine "vorausschauende Wartung" ermöglicht. Das wiederum bedeute weniger Ausfälle und damit weniger Unannehmlichkeiten für die Passagiere.

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Das Herz des Zuges ist indes steirisch. Die Fahrwerke mit der Bezeichnung SF 500 wurden am Grazer Standort der Siemens Mobility entwickelt und gefertigt. 230 dieser Drehgestelle wurden bereits gebaut, 1000 weitere werden bis 2026 montiert. Der Auftrag sichere 300.000 Fertigungsstunden und die entsprechenden Arbeitsplätze in Graz. Der Standort ist, wie viele spektakuläre Aufträge schon gezeigt haben, das Weltkompetenzzentrum für Bahn-Drehgestelle des Konzerns. So verließ im Sommer das 2222. Fahrwerk für die europäische Vectron-Lok die Fertigung. Für die Deutsche Bahn (ICE 3 und 4) und andere Auftraggeber lieferten die Grazer Ingenieure mehrere Tausend Gestelle. Der Typ SF 500 für die ICEs ist auf eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h ausgelegt.

"Noch nie haben wir einen neuen ICE so schnell geliefert"

Der ICE 3 neo stand übrigens bereits zweieinhalb Jahre nach der Erstbestellung fertig auf den Schienen. Verantwortlich für dieses Tempo sei die Digitalisierung in der Entwicklung und der Fertigung, wodurch sich Design und Testphasen verkürzen. "Noch nie haben wir einen neuen ICE so schnell geliefert", sagt Siemens-Mobility-Chef Michael Peter. Üblicherweise dauern ICE-Beschaffungsverfahren doppelt so lange, bestätigt die Deutsche Bahn. Sie investiert bis 2029 zehn Milliarden Euro in neue Züge (darunter 73 Modelle des neuen ICE).

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