Die trüben wirtschaftlichen Aussichten, hohe Inflation und steigende Zinsen lassen viele Österreicher bei einem geplanten Immobilienerwerb oder Hausbau zögern. Dazu kommen die seit 1. August von der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) eingeführten, strengeren Auflagen für die Vergabe von Wohnbaukrediten. Aufgrund dieser Lage ist das von österreichischen Banken vergebene Neukreditvolumen in dem Segment um 40 Prozent eingebrochen, wie aktuelle Daten der Österreichischen Nationalbank (OeNB) zeigen.
"Wir unterstützen die grundsätzlichen Ziele der Verordnung. Tatsache ist aber auch, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen massiv verändert haben. Daher sollte man rasch auf das neue Umfeld reagieren und die notwendigen Anpassungen vornehmen", sagt Willi Cernko, Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich.
"Wirkt leider krisenverschärfend"
Der an Jungfamilien neu vergebene Anteil an Krediten beträgt rund 40 Prozent. Davon können über die Hälfte dieser Kreditnehmer die regulatorischen Vorgaben nicht erfüllen. "Die in der aktuellen Form vorliegende Verordnung wirkt leider krisenverschärfend", so Cernko. Für Jungfamilien und Kreditnehmer unter 36 Jahren würde bereits eine geringe Anpassung, in Form einer Anhebung der Schuldendienstquote (von 40 auf 45 Prozent) und der Beleihungsquote (von 90 auf 95 Prozent) eine deutliche Besserung bringen und das Ausnahmekontingent massiv entlasten.
"Die aktuellen Bemühungen des Finanzministers zur Entlastung von Erstimmobilienkäufern, wie etwa der Entfall der Grunderwerbssteuer sowie der Grundbucheintragungsgebühr, sind sehr begrüßenswert und würden zusätzlich helfen, jungen Familien den ersten Erwerb eines Eigenheims zu erleichtern. Sollte es jedoch zu keiner gezielten Adaptierung der KIM-Verordnung kommen, können die Banken dem Kreditbedarf der Menschen in den nächsten Jahren wohl nicht mehr nachkommen", so Cernko.
Im europäischen Vergleich sei die Eigentumsquote in Österreich ohnehin historisch niedrig. Während beispielsweise in Italien 74 Prozent, in Tschechien 78 Prozent oder in Frankreich 65 Prozent Wohneigentum besitzen, so sind es in Österreich nur 54 Prozent.