Die gegenseitigen Schuldzuweisungen ließen nicht lange auf sich warten: Die Verantwortung liegt "ausschließlich bei der Wirtschaftskammer", hieß es seitens der Arbeitnehmervertreter. Die Arbeitgeberseite konterte damit, dass die Gewerkschaft vida "die gesamte Branche und ihre Kunden in Geiselhaft" nehme. Seit heute um Mitternacht stehen die 8000 Züge im Land still.

Nachdem sich die Sozialpartner in einer Marathonverhandlungsrunde, die bereits fünfte bei den Eisenbahnern, am Wochenende wieder nicht auf einen neuen Kollektivvertrag für die 50.000 Beschäftigten einigen konnten, war klar: Es wird gestreikt, ganztägig und flächendeckend.

Die Gewerkschaft vida kritisierte, dass die Arbeitgeberseite der Wirtschaftskammer ihr ursprüngliches Angebot von plus 200 Euro (und Einmalzahlung von 1000 Euro) zuletzt nur um acht Euro erhöht hätten. "Acht Euro wenden keinen Warnstreik ab", so vida-Chefverhandler Gerhard Tauchner. Die Arbeitgeber teilten hingegen mit, dass sie ihr Angebot von einem Plus von acht Prozent auf plus 8,44 Prozent erhöht haben. Sie gaben der Gewerkschaft die Schuld, einen Streik vom Zaun zu brechen und dabei einem Drehbuch zu folgen, wie Arbeitgeber-Chefverhandler Thomas Scheiber betonte. Wie geht’s weiter? Nach dem heutigen Warnstreik soll es frühestens ab morgen wieder darum gehen, neue Termine für Gespräche zu finden.

Für heute rechnet der ÖAMTC jedenfalls vor allem in den Ballungsräumen mit "massive Verkehrsbelastungen".

Gegenseitige Vorwürfe auch bei den Brauereien

Auch in Brauereien stehen nun Kampfmaßnahmen auf dem Programm. In dieser Branche sind bisher vier KV-Runden ohne Ergebnis geblieben. Die zuständigen Gewerkschaften PRO-GE und GPA werfen hier den Arbeitgebern vor, dass das jüngste Angebot von plus 6,5 Prozent nicht einmal die als Verhandlungsgrundlage vereinbarte Inflationsrate von 6,9 Prozent abdecken würde. Auch hier gibt’s gegenseitige Vorwürfe. Ab heute gibt es Warnstreiks, "diese werden in den meisten Fällen in rund dreistündigen Blöcken abgehalten", sagt Sabine Weinberger von der PRO-GE. Heute werde beispielsweise in den Brauereien Puntigam und Göss die Arbeit niedergelegt, morgen in der Murauer Brauerei. In Kärnten stehen bei Hirter, Schleppe und Villacher am 1. Dezember Warnstreiks an, so Weinberger. Weiterverhandelt wird dann wieder am 9. Dezember.

Handel: Einigung am Dienstag oder Streiks ab Freitag

In der Handelsbranche geht es in den ebenfalls zäh laufenden KV-Verhandlungen um höhere Gehälter für 430.000 Angestellte und Lehrlinge. Die Arbeitgeber boten zuletzt nach eigenen Angaben einen Gehaltsanstieg von fünf Prozent und eine Einmalzahlung in Höhe von drei Prozent. Die Gewerkschaft lehnt Einmalzahlungen ab und fordert angesichts der hohen Inflation ein Plus von zehn Prozent. Seit gestern liegt die Streikfreigabe des ÖGB vor, die für Freitag und Samstag – der zweite Advent-Einkaufssamstag – angesetzt wurden. Auch hier soll – tendenziell am Vormittag – zeitlich begrenzt die Arbeit niedergelegt werden, die GPA berichtet von Streikbeschlüssen in mehr als 300 Unternehmen. Darunter große Handelsketten (Lebensmittel, Textilketten), aber auch Großhändler und Baumärkte. Die letzte Chance, Warnstreiks noch abzuwenden, gibt’s morgen bei einer neuen KV-Runde.