Während die Metaller und die Sozialwirtschaft bereits einen Abschluss der KV-Verhandlungen vorweisen können, wird in anderen Branchen noch gefeilscht. Im Handel, bei den Eisenbahnern und bei den Brauereien stehen Warnstreiks im Raum. Beschäftigte in Ordensspitälern legten bereits Mittwochvormittag ihre Arbeit nieder. Bisher ohne Ergebnis sind auch die Verhandlungen in der Reinigungsbranche, beim Sicherheitspersonal und bei der Telekom- und Postbus-Belegschaft verlaufen.

Handel

Im Handel gibt es auch nach vier Verhandlungsrunden noch keine Einigung. Während die Arbeitgeber weiter auf Einmalzahlungen beharren, fordert die Gewerkschaft eine "dauerhafte, kräftige Gehaltserhöhung". Die Gewerkschaftsvertreter verlangen 8,5 Prozent plus einen Mindestbetrag, sodass niedrige Einkommen eine zweistellige Erhöhung bekommen. Im Schnitt würde das Gehaltsplus 9,37 Prozent betragen, wie Chefverhandlerin Helga Fichtinger zur APA sagte. Die Arbeitnehmerseite habe einen neuerlichen Verhandlungstermin für den 29. November vorgeschlagen, sollte es nicht dazu kommen, stehen erstmalig auch im Handel Warnstreiks im Raum. Termine dafür stehen auch schon fest: Freitag, 2. Dezember, und am zweiten Einkaufssamstag, dem 3. Dezember.

Eisenbahner

Auch die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner wollen nach den abgebrochenen KV-Verhandlungen im Bahnsektor streiken. Die Gewerkschafter fordern 400 Euro brutto monatlich mehr auf alle KV- und Ist-Löhne. Das entspreche einer durchschnittlichen Steigerung der Gehälter um mehr als 13 Prozent, in den unteren Gehaltsklassen bis zu 24 Prozent. Die Arbeitgeberseite bietet ein durchschnittliches Gehaltsplus von 8 Prozent, in den niedrigeren Einkommensklassen von bis zu 12 Prozent sowie eine Einmalzahlung von 1.000 Euro. Mangels Einigung nach vier Verhandlungsrunden plant die Gewerkschaft vida einen österreichweiten, ganztägigen Warnstreik im gesamten Eisenbahnbereich am Montag, dem 28. November. Beide Seiten betonten aber, dass sie weiter verhandlungsbereit seien.

Ordensspitäler

Da es in den Sonder-KV-Verhandlungen für die 10.000 Beschäftigten der Ordensspitäler bisher keine Einigung gibt, haben am Mittwochvormittag in sechs Wiener Häusern Warnstreiks stattgefunden. Die Gewerkschafter verlangen ein Gehaltsplus von 500 Euro brutto monatlich bzw. 2000 Euro Mindestlohn. Die Spitäler bieten eine sozial gestaffelte Einmalzahlung von bis zu 1000 Euro netto und das Vorziehen der nächsten Kollektivvertragsperiode um zwei Monate. Die Gewerkschaft hält dieses Angebot für nicht ernstzunehmend. Gesundheitspersonal und Ärzte würden dadurch praktisch nichts bekommen, eine Krankenpflegerin beispielsweise im zehnten Dienstjahr gerade einmal 53 Euro an Einmalzahlung. Der Warnstreik sei daher unvermeidlich gewesen, so vida.

Brauereien

Die Kollektivvertragsverhandlungen in der Brauindustrie sind auch nach drei Verhandlungsrunden ergebnislos verlaufen. Das Angebot der Arbeitgeber umfasste bisher für die rund 3.500 Beschäftigten einen Fixbetrag von 100 Euro auf alle Lohn- und Verwendungsgruppen und eine Einmalzahlung von 300 Euro. Damit liege man weit unter der den Verhandlungen zugrunde gelegten Inflation von 6,9 Prozent, so die Gewerkschaften PRO-GE und GPA. Die Gewerkschafter fordern weiterhin 11 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Sollte es bei der heutigen Verhandlungsrunde keine Einigung geben, werden die Betriebsversammlungen wieder aufgenommen und ab 28. November in Warnstreiks übergehen, teilten die Arbeitnehmervertreter mit.

Reinigungsbranche

Auch in der Reinigungsbranche stocken die Kollektivverhandlungen. Geboten wird von den Arbeitgebern ein Mindestlohn von 1.814,63 Euro brutto, die vida fordert 2.000 Euro. Das Angebot der Arbeitgebervertreter liegt laut Gewerkschaft bei einem durchschnittlichen Plus von 7,9 Prozent. "Kein Wunder, dass Beschäftigte sich Jobs in anderen Branchen suchen. Von einem Brutto-Monatslohn von 1.814,63 Euro kann man nicht leben", kritisierte jüngst vida-Vertreterin Monika Rosensteiner. Die Arbeitnehmer beharren zudem auf einer Infektionszulage von rund 60 Cent pro Stunde, ab 1. Jänner 2023. Die Branche umfasst rund 55.000 Personen, die vida verweist auf eine Teilzeitquote von 70 Prozent.

Bewachungsgewerbe

Die Gewerkschaft vida fordert für die 15.000 Beschäftigten im Bewachungsgewerbe einen Mindestlohn von 2.000 Euro brutto. Auch hier konnte noch keine Einigung mit der Arbeitgeberseite erzielt werden. Verhandlungen gibt es auch für das Flughafen-Sicherheitspersonal. Hier fordern die Gewerkschafter eine deutliche Lohnerhöhung und eine Annäherung an das deutsche Niveau, das 2023 - unter Berücksichtigung von Zulagen und Sonderzahlungen - um etwa 50 bis 70 Prozent über dem österreichischen liegen wird. Am Dienstag wurden auf den Flughäfen Wien Schwechat, Graz und Innsbruck Betriebsversammlungen abgehalten, am Flughafen Salzburg sollen die Beschäftigten am Freitag informiert werden.

A1 Telekom

Bei der teilstaatlichen, börsennotierten Telekom fordert die Belegschaftsvertretung für ihre rund 10.000 Beschäftigten ein Plus von 10,6 Prozent. In einer Vorab-Umfrage hätten sich über 80 Prozent der Teilnehmenden dazu bereit erklärt, zur Erreichung dieses Zieles an gewerkschaftlichen Maßnahmen teilzunehmen. Die Telekommunikationsbranche sei Gewinnerin der Coronakrise, es herrsche "eine Art Goldgräberstimmung", so A1-Betriebsratschef Werner Luksch in einer Aussendung.

Postbus

Auch bei der ÖBB-Tochter Postbus ist die Herbstlohnrunde noch im vollen Gange. Die Belegschaftsvertreter fordern für die Angestellten und Beamten 11,65 Prozent mehr Gehalt sowie einen Sockelbetrag von 300 Euro. Das erste Gegenangebot der Arbeitgeberseite - eine Erhöhung der Gehälter um sieben Prozent - bezeichnete Verhandlungsführer Robert Wurm als "realitätsfremd", auch "wenn er ein ehrliches Interesse an einer Annäherung" orte.

Weniger Streik

Bei den heurigen Kollektivvertragsverhandlungen stehen die Zeichen in manchen Branchen auf Streik. Im Vorjahr gab es laut ÖGB insgesamt etwas weniger Streikstunden als in den Jahren davor. 2021 lag die Zahl der Streikstunden demnach bei 11.368 mit rund 5000 teilnehmenden Beschäftigten. 2020 gab es mehr Arbeitsniederlegungen: Die Zahl der Streikstunden lag bei rund 29.500, jene der Beschäftigten bei 9883.