Trotz der Rezessionsgefahren wird die EZB laut Notenbank-Vizechef Luis de Guindos ihren Zinserhöhungskurs fortsetzen. "Wir werden weiterhin die Zinsen auf ein Niveau anheben, das es uns möglich macht, sicherzustellen, dass sich die Inflation unserer Definition von Preisstabilität annähert", sagte der Stellvertreter von EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Mittwoch auf einer Finanzkonferenz in Madrid.
Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt zwei Prozent Teuerung für den Euro-Raum an. Davon ist sie aber aktuell weit entfernt: Im Oktober erreichte die Inflationsrate mit 10,6 Prozent ein neues Rekordniveau – so hoch war die Inflation seit der Einführung des Euro noch nie.
Auf den möglichen Umfang der nächsten Zinserhöhung bei der Ratssitzung am 15. Dezember ging de Guindios nicht näher ein. Dies hänge von den anstehenden neuen EZB-Prognosen und den Inflationswerten im November ab. Zur Zinssitzung werden den Währungshütern neue Vorhersagen der Notenbank-Volkswirte zu Inflation und Wachstum vorliegen. Auch eine Prognose für 2025 wird erstmals dabei sein.
Verlangsamung der Konjunktur
Die Inflation werde in den nächsten Monaten in der Nähe des derzeitigen Niveaus von etwa zehn Prozent verharren, sagte de Guindos. Die Hartnäckigkeit des Inflationsdrucks dürfe nicht unterschätzt werden. "Es ist sehr wichtig, die Entwicklung der Kerninflation und mögliche Zweitrundeffekte zu beobachten, da sie die Reaktion der Geldpolitik bestimmen werden", sagte er. Bei der Kerninflation werden die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise herausgerechnet. Zuletzt hatte die EZB hinsichtlich möglicher Zweitrundeneffekte unter anderem die Lohnforderungen der Gewerkschaften im Blick, die in Reaktion auf die massive Zunahme der Inflation stark gestiegen waren.
De Guindos zufolge wird eine Verlangsamung der Konjunktur oder eine Rezession allein nicht ausreichen, um von den hohen Inflationsniveaus wegzukommen. "Es ist sehr gut möglich, dass wir im vierten Quartal und im ersten Quartal des nächsten Jahres negative Wachstumsraten haben werden", sagte er. Der EZB-Vize rechnet zudem damit, dass sich der Preisanstieg im ersten Quartal oder in der ersten Jahreshälfte 2023 etwas verlangsamen wird.