Der deutsche Volkswagen-Konzern und die Gewerkschaft IG Metall haben angesichts der hohen Teuerung kräftige Lohnerhöhungen für die rund 125.000 Beschäftigten in Westdeutschland vereinbart. Das nach einem zwölfstündigen Verhandlungsmarathon am Mittwoch in der Früh geschnürte Tarifpaket sieht Einkommenserhöhungen in zwei Stufen um 8,5 Prozent sowie eine Einmalzahlung von 3000 Euro netto bei einer Laufzeit von 24 Monaten vor.
Damit orientiert sich der Haustarif an dem in Baden-Württemberg für die deutsche Metall- und Elektroindustrie erzielten Pilotabschluss. Als Neuerung führt der Konzern einen "Volkswagen Master" ein, um Bachelor-Absolventen für technologische Zukunftsfelder zu gewinnen.
"Kosten im Griff behalten"
VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel erklärte, die lange Laufzeit des Abschlusses gebe dem Unternehmen Planungssicherheit. Damit trage man auch dem krisenhaften wirtschaftlichen Umfeld Rechnung. "Der Tarifabschluss darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir weiterhin unsere Kosten strikt im Griff behalten müssen." Nur so könne der Wandel zu einem softwarebasierten Mobilitätsanbieter mit der nötigen Geschwindigkeit gelingen und Volkswagen wettbewerbsfähig bleiben.
IG-Metall-Bezirkschef Thorsten Gröger sagte, trotz historisch schwieriger Zeiten sei eine Einigung erzielt worden, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht werde. Der Druck der Belegschaft habe am Ende dazu geführt, dass das Management eingelenkt habe.
Anfang November hatten am Rande der zweiten Verhandlungsrunde mehr als 4000 Beschäftigte für ihre Forderungen demonstriert. Betriebsratschefin Daniela Cavallo sagte, die lange Laufzeit sei Ergebnis eines Kompromisses. "Wir sehen natürlich auch, in welcher Situation wir uns befinden." Die Gewerkschaft wollte ursprünglich nur zwölf Monate.
Steuerfreie Pauschalen
Vereinbart wurde eine Erhöhung der Tarifgehälter um 5,2 Prozent ab Juni 2023 und um weitere 3,3 Prozent ab Mai 2024. Hinzu kommt eine steuer- und abgabenfreie Pauschale zum Inflationsausgleich von 3000 Euro, die in zwei Tranchen im Februar 2023 (2000 Euro) und im Jänner 2024 (1000 Euro) gezahlt wird. Lehrlinge und Dual-Studierende erhalten jeweils die Hälfte.
Die bei VW geltende Altersteilzeitregelung wurde bis Ende 2027 verlängert. Damit verfügt der Autobauer weiter über ein Instrument, um beim fortschreitenden Umbau zu einem E-Autobauer Personal abzubauen. Außerdem vereinbarten die Tarifparteien eine Verbesserung der Freistellungszeiten. Die Beschäftigten können wählen, ob sie die tarifliche Zusatzvergütung kassieren, oder in freie Tage wandeln. Statt bisher drei Tage können fortan alle Beschäftigten durch Umwandlung bis zu sechs freie Tage nehmen. Die tariflich vereinbarte Zahl von 1400 Ausbildungsplätzen pro Jahr werde nicht angetastet. Diese schon länger geltende Zusage habe VW aufweichen wollen, erklärte die IG Metall.
Volkswagen hob hervor, dass ein neues Stipendienprogramm aufgelegt werde, mit dem das Unternehmen um Studierende mit einem Bachelor-Abschluss wirbt. Mit dem "Volkswagen-Master" will der Autobauer hoch qualifizierten Nachwuchs für die Zukunftsfelder Digitalisierung, Software und Batterie gewinnen.