Die EZB wird im Dezember die Zinsen weiter erhöhen. "Der Umfang wird von den Daten abhängen", sagte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann am Freitag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Er könne sich aus heutiger Sicht sowohl einen weiteren Schritt um 0,75 Prozent als auch eine Erhöhung um 0,5 Prozent vorstellen. Entscheidend werde neben vielen anderen Faktoren im Besonderen die Lohnentwicklung und die Weitergabe von Preissteigerungen von Unternehmen an die Konsumenten sein.
Holzmann sagte, er habe sich angesichts der noch fehlenden Daten selber noch keine klare Meinung gebildet, wie es im Dezember weitergehen soll. Die Inflation zu bekämpfen, bedeute aber immer, die Nachfrage einzuschränken. Holzmann ist jedenfalls skeptischer als die EZB, die innerhalb von zwei Jahren einen Rückgang der Inflation auf zwei Prozent vorhersagt.
Vorsichtiges Vorgehen
Die Inflation und insbesondere die starken Energiepreisanstiege seien von Südostasien bzw. China ausgegangen, sagte Holzmann. Der Versuch Chinas, von Kohle auf Gas umzusteigen bei stark steigendem Energiebedarf, habe den Prozess begonnen, der Angriff Russlands auf die Ukraine und die Einstellung russischer Gaslieferungen habe das dann beschleunigt. Für Österreich werde wohl die glückliche Zeit der vergangenen Jahrzehnte, als es Gas unter dem Weltmarktpreis gab, nicht wiederkommen, so Holzmann.
Die EZB müsse nun ihre Politik "normalisieren". Dazu gehören neben steigenden Zinsen auch das Zurückfahren des riesigen Programms zum Ankauf von Wertpapieren. Dabei müsse die EZB allerdings sehr vorsichtig vorgehen. Auch Rückgänge bei Importpreisen würden helfen. Und wichtig wäre auch, dass die Politik ihre großen Ausgabenprogramme zurückführt, die die Geldmenge ausweiten und damit die Inflation befeuern. Sollte der Rückgang der Realeinkommen ausreichen, um die Teuerung einzudämmen, wäre auch keine Rezession nötig, um die Preisanstiege einzufangen.
Einen Zielwert für die Zinsen ("Terminal Rate") nenne die EZB bewusst nicht, weil dies zu Verwerfungen auf den Märkten führen könnte. Die Finanzmärkte seien instabiler als früher, daher müsse die Politik vorsichtiger sein. Auf die Frage nach seiner größten Sorge, meinte Holzmann: "Die falsche Entscheidung zu treffen", also "zu viel oder zu wenig" im Kampf gegen die Inflation zu tun.
Keine Sorgen um Immo-Markt
Der Immobilienmarkt mache der OeNB hingegen derzeit keine Sorgen, da es Anzeichen einer Abkühlung gebe. Die von der FMA vorgegeben Regeln für Kredite hält Holzmann für "gut und wichtig", auch wenn es in einzelnen Punkten noch "Druckpunkte" gebe, die man ändern könnte. Die Banken würden aber ihren Spielraum für eine lockerere Anwendung der Kreditregeln nicht ausschöpfen – vielleicht, weil ihnen die Kredite "zu heiß" seien. Der Markt sei zwar wohl immer noch etwas überhitzt, "aber kein Vergleich zu früher".
Und Holzmann kann sich auch eine Spitze gegen die Banken nicht verkneifen. "Die Banken tragen im Moment sehr stark zur Stabilität bei, weil sie die Ausleihzinsen schon erhöht haben und die Einlagenzinsen weniger", aber das werde sich nicht auf Dauer erhalten lassen.