Der hohe Preisdruck in den USA geht spürbar zurück und liefert der Notenbank Argumente für eine weniger aggressive Gangart bei Zinserhöhungen. Die Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen fiel im Oktober auf 7,7 Prozent, nach 8,2 Prozent im September, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag mitteilte. Experten hatten mit 8,0 Prozent gerechnet.
Es ist schon der vierte Rückgang in Folge und nährt die Hoffnung, dass der Höhepunkt der Inflationsentwicklung überwunden sein dürfte.
"Läuft die Inflationsrate weiter nach unten, wird die US-Notenbank einen weniger scharfen Ton an den Tag legen und ihren Zinserhöhungsgang im Dezember verlangsamen", meint Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Der Leitzinsgipfel dürfte seiner Meinung nach im Frühjahr 2023 erreicht sein.
Laufende Zinserhöhungen
Die Federal Reserve treibt den Leitzins seit Monaten in ungewöhnlich großen Schritten nach oben, um die Inflation in Schach zu halten. Zuletzt erhöhte sie ihn erneut um einen Dreiviertel-Prozentpunkt. Er liegt damit aktuell in einer Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent. Die Fed will nachlegen, signalisierte aber, dass sie bald etwas Tempo bei den Straffungsschritten herausnehmen möchte. Der US-Währungshüter Neel Kashkari nannte es jedoch "komplett verfrüht", bereits über einen geldpolitischen Wendepunkt zu sprechen.
Die US-Währungshüter streben eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an. Sie sind sich aber bewusst, dass ihre Zinserhöhungen nur mit zeitlicher Verzögerung Wirkung zeigen. Fed-Chef Jerome Powell habe nun Grund zum Durchatmen, meint VP Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel: "Auch wenn die Inflationsraten nach wie vor üppig ausfallen, die Richtung stimmt." Wenn es nach Coronakrise und Ukraine-Krieg zu keinen weiteren externen Schocks komme, würden die Teuerungsraten im kommenden Jahr noch merklicher fallen: "Für die Fed rückt also der Zeitpunkt, an dem sie von weiteren Zinsanhebungen absehen kann, näher."
Die überraschend stark gesunkene US-Inflationsrate drückte die Zinserwartungen an den Börsen und machte den Anlegern wieder Appetit auf Risiko. Der deutsche Leitindex DAX schoss um bis zu 3,3 Prozent auf 14.111 Punkte nach oben, der Euro stieg um 0,9 Prozent auf 1,0104 Dollar. Auch Anleihen landeten in den Depots, die Renditen dies- und jenseits des Atlantiks fielen im Gegenzug.